Update 14:15 Uhr Zürich/Frankfurt, 27. Okt – Kapitalerhöhung, Stellenabbau, Trennung von Geschäften – mit einer Radikalkur will die Credit Suisse eine der schwersten Krisen ihrer Geschichte überwinden. Nach einem erneuten Milliardenverlust verabschiedete sich die Schweizer Großbank endgültig vom Ziel, im Investmentbanking ein großes Rad zu drehen. „Wir müssen einen klaren Schlussstrich ziehen“, erklärte Verwaltungsratspräsident Axel Lehmann am Donnerstag. Credit Suisse wolle sich in Zukunft vor allem auf den Heimmarkt und das Geschäft mit Millionären und Milliardären rund um den Globus konzentrieren. Im Zuge des Umbaus fallen bis 2025 rund 9000 Stellen weg. Um die Sanierung zu finanzieren und die abgeschmolzene Kapitaldecke aufzupolstern, zapft die Bank erneut die Anleger an.
Die Ankündigung, mit der die Bank nach turbulenten Wochen die Initiative zurückgewinnen wollte, stieß bei Investoren auf wenig Gegenliebe. Die Aktien, die seit Jahresanfang fast die Hälfte an Wert verloren hatten, brachen um weitere 13 Prozent ein. „Man hat das Gefühl, dass sie dazu gedrängt wurden, mit einem sehr unvollständigen Plan an die Öffentlichkeit zu treten“, erklärten die Goldman-Sachs-Analysten.Die Sanierung sei mit erheblichen Risiken behaftet, hieß es auch von Citibank. Zudem seien das neue Rendite-Ziel ambitionslos. Für 2025 peilt die Bank eine Eigenkapitalrendite von sechs Prozent an. Bisher lag das Ziel, das die meisten Analysten allerdings als unrealistisch erachteten, bei zehn Prozent.
Nach einer Reihe von Fehlschlägen wie dem Kollaps des Großkunden Archegos hatte die 166 Jahre alte Bank die Konzernspitze praktisch vollständig ausgewechselt. Der nun angekündigte Umbau durch den neuen Konzernchef und früheren McKinsey-Berater Ulrich Körner ist die dritte Kurskorrektur seit 2015. Damit nähert sich die Credit Suisse weiter dem Modell der Rivalin UBS an, die das Investmentbanking bereits vor rund zehn Jahren stutzte und sich auf die Vermögensverwaltung ausrichtete.
„AN EINEM KRITISCHEN PUNKT“
„Wir alle wissen, dass sich die Credit Suisse an einem kritischen Punkt in ihrer Geschichte befindet“, sagte Lehmann. Ansetzen will er nun vor allem bei der riskanten Investmentbank, die Credit Suisse vor allem über zwei große US-Zukäufe aufgebaut hatte, die aber wiederholt für schwere Verluste gesorgt hatte. Das Geschäft mit Firmenübernahmen und Kapitalmarkttransaktionen soll aus dem Konzern herausgelöst und unter dem Namen CS First Boston für Investoren geöffnet werden. Dabei prüft die Bank auch einen Börsengang. Ein bedeutender Teil des Bereichs verbriefte Produkte wird an den US-Finanzinvestor Apollo und die Allianz-Tochter Pimco verkauft, weitere kleinere Geschäft wie die Kreditvergabe in Schwellenländern und in europäischen Ländern sollen abgewickelt werden. „Wir restrukturieren die Investmentbank radikal, um eine neue Bank zu schaffen, die einfacher und stabiler ist“, sagte Körner, der das Steuer erst Ende Juli übernommen hatte.
Mit einer Kapitalerhöhung will das Zürcher Institut vier Milliarden Franken einsammeln. Im Zuge der Transaktion schießt die Saudi National Bank 1,5 Milliarden Franken ein und sichert sich damit einen Anteil von 9,9 Prozent an der Credit Suisse. Mit der Olayan Group hält bereits ein anderer Investor aus dem Königreich fünf Prozent an der Bank. Auch weitere Profi-Anleger kommen bei der Kapitalerhöhung zum Zug. Die bisherigen Publikumseigner können nur einen Teil der neuen Titel zeichnen. „Dieser Plan ist dramatisch für die gegenwärtigen Aktionäre, die einen erheblichen Verwässerungseffekt erleiden werden“, erklärte der Stimmrechtsberater Ethos. „Wir sehen den Einstieg eines neuen strategischen Aktionärs angesichts der aktuellen Bewertung der Bank kritisch.“
„FELSENFEST WIE SCHWEIZER BERGE“
Abschreibungen im Zusammenhang mit dem Konzernumbau und die sich im freien Fall befindlichen Erträge der Investmentbank brockten der Credit Suisse im dritten Quartal einen Verlust von vier Milliarden Franken ein – der vierte Quartalsverlust in Folge. Körner verschärft nun den Sparkurs. Bis 2025 will er die Kosten um rund 2,5 auf 14,5 Milliarden Franken drücken. Der Personalbestand soll bis dann auf rund 43.000 Personen von zuletzt rund 52.000 sinken. Den Aufwand für den Umbau bezifferte Credit Suisse mit 2,9 Milliarden Franken.
Die anhaltenden Turbulenzen verunsichern auch die Kunden: Im dritten Quartal zogen sie insgesamt 12,9 Milliarden Franken ab. Angesichts der negativen Berichterstattung in den Medien und sozialen Netzwerken hätten sich die Abflüsse in den ersten beiden Oktoberwochen beschleunigt. Zwischenzeitlich habe die Bank dabei regulatorische Liquiditäts-Anforderungen unterschritten. Inzwischen hätten sich diese Abflüsse stabilisiert, konnten aber noch nicht rückgängig gemacht werden.
Während die UBS und viele anderen Banken die vergangenen Jahre mit einem guten Umfeld nutzten, um Geld zu verdienen, war die Credit Suisse eine Dauerbaustelle und von einer Serie von Skandalen erschüttert. Mit der neuen Strategie hofft Lehmann nun auf den Befreiungsschlag: „Wir wollen die Credit Suisse wieder zu einer starken, effizienten Bank machen, die auf einem soliden Fundament steht, felsenfest wie unsere Schweizer Berge.“
Credit Suisse stößt milliardenschweren Konzernumbau an
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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