Donnerstag, April 25, 2024
StartKommentarChina und USA gehen Wachstumsstabilisierung an - allerdings mit unterschiedlichen Mitteln

China und USA gehen Wachstumsstabilisierung an – allerdings mit unterschiedlichen Mitteln

Ein Marktkommentar von Tracy Chen, Portfoliomanagerin bei Brandywine Global Investment Management, Teil von Franklin Templeton:

„Zumindest das erste Quartal des Jahres 2022 wird noch immer im Schatten der Pandemie und des bislang anhaltenden Inflationsdrucks stehen. Zahlreiche Maßnahmen werden sowohl im Kampf gegen die Ausbreitung der Omikron-Variante als auch zur Eindämmung der Inflation nötig sein.

Vor allem letzteres dürfte für eine wachsende wirtschaftliche sowie politische Divergenz zwischen den beiden größten Volkswirtschaften China und USA sorgen, die sich in ihrer Geldpolitik bereits in gegensätzliche Richtungen bewegen. Das angestrebte Ziel für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022 wird auf dem Nationalen Volkskongress im März bekannt gegeben und dürfte zwischen 5 % und 6 % liegen.

Während die USA die Inflation nicht nur mit der Beendigung der Anleihekaufprogramme, sondern auch durch bereits angekündigte Zinserhöhungen bekämpfen will, legte China auf der Zentralen Wirtschaftskonferenz (CEWC) fest, sich in der bevorstehenden Zeit ausschließlich auf das Wachstum und dessen Stabilisierung zu konzentrieren und dabei keine Investitionen zu scheuen.

Die Konsequenzen der strikten Corona-Politik Chinas, die sich anhand der Nachfragerückgänge, Angebotsschocks sowie des sich bereits abzeichnenden Abwärtstrends am Immobilienmarkt äußern, dürften dabei eine Herausforderung darstellen, die es vorrangig zu überwinden gilt.

Im Immobiliensektor sieht es nach einer leichten Lockerung hinsichtlich der Eigentumsverhältnisse aus. Der CEWC hielt zwar an dem Grundsatz „Wohnen zum Leben, nicht zur Spekulation“ fest, um eine völlige Umkehrung seiner Vorschriften für den Immobiliensektor zu vermeiden. Dennoch betonte er die Notwendigkeit, den Anfragen von Hauskäufern besser gerecht zu werden.

Außerdem fordert die chinesische Regierung eine proaktive Steuerpolitik, die schnellere Ausgaben für Steuer- und Abgabensenkungen für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) sowie eine grüne Infrastruktur möglich macht. Die Geldpolitik wird darauf abzielen, reichlich Liquidität zur Verfügung zu stellen, um KMU, Innovation und umweltfreundliche Entwicklung durch kurzfristige Kreditvergabe mit niedrigeren Kreditkosten zu unterstützen.

Wie der CEWC bereits signalisierte, strebe China ein moderates Tempo bei der Dekarbonisierung an, um ein Gleichgewicht zwischen Wirtschaftswachstum und Klimazielen herzustellen. In diesem Zusammenhang solle das Prinzip „Investitionen vor Desinvestitionen“ gelten, sodass Investitionsförderungen in erneuerbare Energien durch mehr Anreize erhöht werden, sowie die traditionellen, auf fossilen Brennstoffen basierende Energie in der Zwischenzeit als verlässliche Ressource beibehalten wird.

Wachstumsziel liegt bei 5 bis 6 Prozent

Das angestrebte Ziel für das Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2022 wird auf dem Nationalen Volkskongress im März bekannt gegeben und dürfte zwischen 5 % und 6 % liegen, wobei davon auszugehen ist, dass das Ziel in einem von zahlreichen politischen Umwälzungen geprägten Jahr, leicht überschritten werden kann. Angesichts der Verlagerung des Schwerpunkts auf Wachstum und Lockerung glauben wir, dass Chinas Kreditimpuls die Talsohle bereits durchschritten hat und sich Anfang des Jahres wieder erholen dürfte. 

Gleichzeitig dürfte Chinas wirtschaftliche Entwicklung nicht vollkommen unbeeindruckt bleiben von dem bereits angekündigten geldpolitischen Wandel der USA. Die Fed beschloss bereits Mitte Dezember, das Tempo des Tapering auf 30 Mrd. USD pro Monat zu verdoppeln und damit das Tapering im März zu beenden. Außerdem wird die Fed, wie kürzlich angekündigt, schon bald den Leitzins anheben. Innerhalb der nächsten zwei Jahre sind vier bis fünf Zinserhöhungen gut vorstellbar.  

Das Yin und Yang der Divergenz zwischen der chinesischen und der US-amerikanischen Geld- und Finanzpolitik könnte erhebliche Auswirkungen auf Investitionen haben. Anleger sollten sich frühzeitig auf diese möglichen politischen Bewegungen einstellen. 

Schließlich könnte die sich verengende Zinsdifferenz einen Abwärtsdruck auf den Chinesischen Yuan ausüben. Zwar wird die Währung nach wie vor durch eine robuste Zahlungsbilanz und Investitionsströme gestützt, dennoch dürfte die Straffung der US-Geldpolitik den Dollar insgesamt aufwerten. Gleichzeitig ist es gut möglich, dass die Lockerung der chinesischen Politik zu einer steileren Renditekurve und zu mehr Unterstützung von Risikoanlagen, einschließlich Aktien und Hochzinsanleihen , führt.

Dabei werden sich vermutlich grüne Investitionen – Solar- und Windenergie, der Ausbau der Stromnetze, Stromspeicherung, Effizienzsteigerungen in verschiedenen Branchen usw. – zu einem neuen Wachstumsmotor entwickeln und sollten 2022 von der politischen Lockerung profitieren.

Auch wenn sich die USA und China in diesem Jahr in unterschiedliche Richtungen bewegen werden, so gilt es abzuwarten, welcher dieser beiden Wege sich als der erfolgreichere erweist. Einige Parameter sind schließlich noch offen: Kann Chinas Politikwechsel den sich andeutenden Abschwung überhaupt noch aufhalten?

Wie ernst meint es die US-Notenbank mit der Eindämmung der Inflation und wie hoch kann der Leitzins angesichts des übermäßigen Anstiegs der Verschuldung nach der COVID-Pandemie überhaupt steigen, ohne dass der fragile Aufschwung entgleist? Die Anleger werden ihre Investitionen entsprechend anpassen müssen, indem sie darauf achten, welche politischen Entscheidungsträger ihre Worte besser umsetzen können.“

China und USA gehen Wachstumsstabilisierung an – allerdings mit unterschiedlichen Mitteln

Foto von Tracy Chen (Quelle: Brandywine / Franklin Templeton)

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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