Wilmington, 08. Dez – Kunden von Kryptobanken blicken gebannt auf das Insolvenzverfahren von Celsius in den USA. Denn von der Entscheidung des Richters Martin Glenn hängt ab, ob sie das Geld auf ihren eingefrorenen Konten wiedersehen oder sich in der Schlage der Gläubiger ganz hinten einreihen müssen. Glenn entscheidet im Kern über die Frage, wer Eigentümer dieser Guthaben ist. „Das kann kompliziert werden“, sagte der Richter in einer Anhörung am Mittwoch. „Ich versuche, so schnell wie möglich so viele Fragen wie möglich zu klären.“ Sein Urteil könnte wegweisend für die Insolvenzen anderer Kryptobanken und Broker wie FTX, BlockFi oder Voyager Digital sein.
Kryptobanken bieten oft verschiedene Arten von Konten an, die im Insolvenzfall unterschiedlich behandelt werden könnten. Dabei müsse der Richter nicht nur die Geschäftsbedingungen unter Lupe nehmen, sondern auch deren Umsetzung, erläutert Yesha Yadav, Jura-Professorin der Vanderbilt University. „Denn es gibt eine Darstellung dessen, was hätte passieren sollen, und dessen, was tatsächlich vor Ort passiert.“
„SCHLIMMER ALS BANKEN“
Celsius beispielsweise strebt an, dass „Einnahme-Konten“, die Kunden Zinsen bieten, anders eingestuft werden sollten als „Verwahr-Konten“, die als zinsloses Depot für Kryptowährungen dienen. Die insolvente Kryptobank will Erstere als ihr Eigentum einstufen lassen. Dann könnte sie diese Guthaben zur Bezahlung von Anwälten und Beratern nutzen, um einen Weg zurück aus der Insolvenz zu finden.
„Ich fühle mich, als hätte mir jemand ein Messer in den Rücken gerammt“, sagt Daniel Frishberg, der bei Celsius ein „Einnahme-Konto“ eröffnet hatte. „Celsius-Chef Alex Mashinsky hat wiederholt gesagt: ‚Banken sind nicht Eure Freunde‘. In Wahrheit ist Celsius schlimmer als die Banken.“
Bei klassischen Finanzinstituten und Brokerhäusern erhalten Kunden ihr Geld bis zu bestimmten Obergrenzen vom Einlagensicherungsfonds des jeweiligen Landes zurück, wenn das Institut nicht über ausreichende Mittel für die Auszahlung verfügt. Die Kryptobranche ist dagegen kaum reguliert. Außerdem sitzen die Firmen oft im Ausland.
HÄNGEPARTIE FÜR KUNDEN
„Die Konkursgerichte sind jetzt die Vorhut der Regelsetzung in Bezug auf Krypto, weil sie über grundlegende Fragen in Bezug auf die Vermögensverteilung und die Kundenverwahrung entscheiden werden“, sagt Professorin Yadav. „Dies wird enormen Einfluss auf Kryptounternehmen und das Verhalten von Kunden haben.“
Aber selbst wenn sämtliche Einlagen als Eigentum der Kunden definiert werden, müssen sich diese auf eine Hängepartie und Verluste einstellen. Die insolventen Kryptobanken verfügen nicht über ausreichende Mittel, um alle Einlagen auszuzahlen. Es kann Monate oder Jahre dauern, um festzulegen, wer wie viel Geld erhält.
Während der Pandemie erlebten Kryptobanken einen Boom. Sie lockten Anleger mit zweistelligen Zinsen für Einlagen in Cyber-Devisen. Parallel verliehen sie Geld an Hedgefonds, die ihrerseits mit Internet-Währungen spekulierten oder in Finanzdienstleister aus dem Krypto-Sektor investierten. Mit dem Kursverfall von Bitcoin & Co gingen einige der riskanteren Wetten nicht mehr auf und rissen Firmen der Branche in den Abgrund. Celsius war vom Kurseinbruch der Cyber-Devise TerraUSD im Frühjahr in Mitleidenschaft gezogen worden.
Celsius-Insolvenz ist Präzedenzfall für Kryptobank-Kunden
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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