Berlin, 08. Jul (Reuters) – Der Weg für eine Stützung von Versorgern in der Gas-Krise und einer Abfederung steigender Preisein Deutschland ist frei. Nach dem Bundestag stimmte am Freitag auch der Bundesrat der Reform des Energie-Sicherungsgesetzes (Ensig) zu, damit der Bund schnell auf eine weitere Verknappung der Gas-Lieferungen reagieren kann.
So können Regelungen in Kraft gesetzt werden, um nach dem Vorbild der Lufthansa-Rettung in der Corona-Krise angeschlagene Importeure wie Uniper bis hin zu einem Staatseinstieg zu stützen. Auch enthält es Optionen, wie Importeure ihre Mehrkosten schneller und gleichmäßiger weitergeben können. Eingemottete oder zur Abschaltung vorgesehene Kohlekraftwerke können danach wieder angefahren werden, um dafür Gas-Kraftwerke vom Netz zu nehmen. Zugleich ließ der Bundesrat ein zweites Paket passieren, mit dem der Ökostrom-Ausbau auch zur Versorgungssicherheit beschleunigt werden soll.
Wirtschaftsminister Robert Habeck sprach vom größten Vorhaben seit Jahrzehnten. „Es ist ein Gesetzespaket, das dieses Land verändern wird.“ Er warnte, dass gerade in der zweiten Jahrshälfte der Konsens im Land als Reaktion auf den russischen Angriff mit Blick auf die Energiepreise besonders auf die Probe gestellt werde. „Es ist ein Gesetzespaket voller Zumutungen.“ Die Instrumente, die die Regierung mit dem Energie-Sicherungsgesetz einsetzen könne, hätten tiefgreifende Folgen. „Es ist ein scharfes Schwert, das man nur mit Bedacht ziehen darf. Aber schärfen müssen wir es.“
ALTE KOHLEMEILER KÖNNTEN SCHON BALD WIEDER ANLAUFEN
Als eines der ersten Instrumente könnte Habeck nun den Einsatz alter Kohlekraftwerke freigeben, um Gas zu sparen. Er hat dafür eine Ministerverordnung angekündigt, sobald der Bundespräsident in den nächsten Tagen das Gesetz unterschreibt. Das soll helfen, sich vor allem für den Winter zu rüsten, in dem das Verbrennen von Gas zur Stromerzeugung ersetzt wird. Im Auge hat der Bund dabei die ab Montag für eine reguläre Wartung anstehende Sperrung der zentralen Gas-Pipeline Nord Stream 1. Sie soll zwar eigentlich nur zehn Tage dauern. Habeck und die Branche halten aber auch eine längere Abschaltung durch Russland aus politischen Gründen für möglich. Bereits jetzt fließt weniger als die Hälfte des bestellten Gases durch die Leitung, wofür Russland technische Gründe nennt.
Der Bundesverband der Energiewirtschaft (BDEW) lobte die Regelungen ebenso wie die zur einer möglichen, schnelleren Weitergabe der Einkaufskosten an die Kunden. Da Russland weniger Gas als bestellt liefert, müssen Importeure die fehlenden Mengen kurzfristig und auf diese Weise teuer am Markt zukaufen. Sie können die Mehrkosten aber in bestehenden Verträgen nicht weitergeben, was das Gesetz jetzt aber mit einer gleichmäßigen und gestreckten Verteilung auf alle Kunden möglich machen soll.
„Wichtig ist allerdings, dass die Politik auch bei Nutzung dieses Instrumentes im Auge behält, dass insbesondere einkommensschwache Haushalte nicht zu stark belastet werden“, sagte BDEW-Chefin Kerstin Andreae. Zuvor soll laut Gesetz aber eine staatliche Stützung der Importeure wie Uniper erwogen werden, so dass die höheren Preise nicht voll auf Stadtwerke und dann Firmen- und Haushaltskunden durchschlagen würden.
Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, Siegfried Russwurm, regte einen finanziellen Anreiz für Firmen an, damit diese überschüssiges Gas abgeben. „Politik und Wirtschaft müssen die Sommermonate zwingend nutzen, um Gas zu sparen und die Speicher vor der anstehenden Heizsaison zu füllen“, sagte er. „Es droht sonst ein gravierender Gasmangel mit Produktionseinbrüchen in der Industrie.“
Bund beschließt Energie-Gesetzespaket – Weg für Versorger-Rettung frei
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