Frankfurt, 04. Mrz (Reuters) – Die anhaltenden Kämpfe in der Ukraine schüren die Furcht vor einem Rückschlag für die Weltwirtschaft. Gleichzeitig warten Investoren gespannt darauf, wie die Europäische Zentralbank (EZB) bei ihren Beratungen am Donnerstag auf den wachsenden Preisdruck durch die steigenden Rohstoffpreise reagieren wird.
„Ein klares Bekenntnis zu einer geldpolitischen Straffung wird es vermutlich nicht geben“, prognostiziert Thomas Gitzel, Chef-Volkswirt der VP Bank. Dabei sollte die galoppierende Inflation in den 1970er als Folge der Ölpreis-Schocks als mahnendes Beispiel dienen, als die Notenbanken die geldpolitischen Zügel zu lange zu locker gelassen hätten. „Liebe EZB, bitte mach jetzt keinen Fehler!“
Wichtig für die Kursentwicklung der neuen Börsenwoche sei auch die Entwicklung des Kriegs in der Ukraine, schreiben die Experten des Vermögensverwalters Amundi. „Jede positive Entwicklung könnte zu einer Erleichterungsrally führen, während eine weitere Eskalation den Markt weiter unter Druck setzen dürfte.“ Sie rechneten bislang zwar nicht mit einer Rezession in Europa, das Risiko nehme aber zu. In den vergangenen Tagen verlor der Dax insgesamt fast neun Prozent und stand vor dem größten Wochenverlust seit dem Pandemie-bedingten Börsen-Crash vom März 2020.
WELTWIRTSCHAFT LEIDET UNTER RUSSLAND-SANKTIONEN
Gleichzeitig beeinträchtigten die westlichen Sanktionen gegen Russland die Weltwirtschaft, warnt Eckhard Schulte, Chef des Vermögensverwalters MainSky. „Der Ausschluss Russlands aus dem internationalen Zahlungssystem Swift dürfte an nahezu keiner Volkswirtschaft spurlos vorübergehen.“ Außerdem seien direkte Sanktionen gegen russische Energie-Lieferungen nur eine Frage der Zeit.
Spekulationen hierauf haben in den vergangenen Tagen bereits eine Preisrally ausgelöst. Seit Kriegsausbruch stieg der Preis für die Rohöl-Sorte BrentLCOc1 aus der Nordsee zeitweise um etwa 20 Prozent auf ein Zehn-Jahres-Hoch von 119,84 Dollar je Barrel (159 Liter). Der europäische Erdgas-Future verdoppelte seinen Kurs in der Spitze auf ein Rekordhoch von 199 Euro je Megawattstunde. Dies wirke wie eine Steuererhöhung für Unternehmen und Verbraucher, sagt MainSky-Experte Schulte.
WERDEN FUNDAMENTALDATEN WIEDER WICHTIGER?
Bei aller Empörung über den Krieg könnten in der neuen Woche aber Firmenbilanzen und Konjunkturdaten wieder einen größeren Einfluss auf die Kursentwicklung haben, sagt Mark Dowding, Chef-Anleger des Vermögensverwalters BlueBay. „Die Inflation ist weiterhin ein Problem, das konjunkturelle Umfeld jedoch robust.“
Vor diesem Hintergrund warten Investoren gespannt auf die US-Teuerungsdaten am Donnerstag. „Auch im Februar geht es nicht darum, ob die US-Inflation gestiegen ist, sondern nur um wie viel“, sagt Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. Er rechne mit einem Plus von 7,9 Prozent zum Vorjahresmonat.
Diesseits des Atlantik stehen die Auftragseingänge (Montag) und die Produktion (Dienstag) der deutschen Industrie auf dem Terminplan. Commerzbank-Experte Balz sagt Zuwächse von einem beziehungsweise 1,5 Prozent voraus.
Daneben legen in der neuen Woche erneut zahlreiche Firmen Geschäftszahlen vor. Aus dem Dax sind es unter anderem der Sportartikel-Hersteller Adidas oder die Deutsche Post. Im Ausland zählen der Schokoladen-Fabrikant Lindt & Sprüngli, der SAP-Rivale Oracle und der „Ray Ban“-Anbieter EssilorLuxottica dazu.
Börsen im Bann von Krieg in der Ukraine und EZB
Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022
Titelfoto und Foto: Symbolfoto
Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.