Berlin, 16. Feb (Reuters) – Bund und Länder haben weitreichende Lockerungen in der Corona-Pandemie beschlossen. Bis zum 20. März soll der größte Teil der Corona-Beschränkungen fallen, wenn die pandemische Lage dies zulässt, beschlossen Kanzler Olaf Scholz und die 16 Ministerpräsidentinnen und -präsidenten am Mittwoch. Danach soll ein „Basisschutz“ gelten, der etwa eine Maskenpflicht, aber auch Testvorschriften sowie weitergehende Maßnahmen für Corona-Hotspots erlauben soll. Scholz sowie NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) und Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) sprachen von einer „neuen Phase“ der Pandemie. „Wir können zuversichtlich nach vorne schauen“, sagte der Kanzler. Er lehnte es zugleich ab, von einem bevorstehenden „freedom day“ zu reden, wie dies FDP-Politiker getan hatten. Diese Begriff sei dem Ernst der Lage nicht angemessen.
In der ersten Stufe fallen in den kommenden Tagen in den Ländern die Kontaktbeschränkungen für Geimpfte und Genesene sowie 2G-Regeln im Handel – diese sind allerdings in einigen Bundesländern bereits abgeschafft worden. Am 4. März soll für Gastronomie und Hotels wieder die 3G-Regel gelten (geimpft, genesen, getestet). Dann sollen auch Diskotheken und Bars mit einer 2G-Plus-Regel wieder öffnen können und neue Obergrenzen für Großveranstaltungen gelten. Die Höchstgrenze für Außenveranstaltungen soll auf 25.000 Besucher hochgesetzt werden, die in Innenräumen auf 6000 oder eine maximale Auslastung von 60 Prozent. Ab dem 20. März sollen dann alle schwerwiegenden Corona-Beschränkungen fallen, aber nur „wenn die Situation in den Krankenhäusern dies zulässt“.
SCHOLZ – AMPEL-KOALITION WIRD BASISSCHUTZ BESCHLIESSEN
Allerdings sollen die gesetzlichen Möglichkeiten geschaffen werden, dass Länder auch danach noch Maßnahmen wie Maskenpflicht und bestimmte Testauflagen verhängen können. „Wir brauchen auch nach dem 20. einen Basisschutz“, sagte Scholz. „Darüber besteht Einvernehmen in der Regierung und der Regierungskoalition“, antwortete er auf die Frage, ob die FDP dies mittragen werde. Alle genannten Maßnahmen halte er für wichtig. Man werde den Ländern rechtzeitig eine gesetzliche Grundlage zur Verfügung stellen. Die Pandemie sei noch nicht vorbei, sagten Scholz und Wüst. „Das Infektionsschutzgesetz braucht nun eine dringende Anpassung“, sagte der CDU-Gesundheitspolitiker Tino Sorge.
Die Ministerpräsidenten und Scholz sprachen sich deshalb für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht aus. Sie werde für Herbst und Winter wichtig sein, wenn die Zahl der Corona-Neuinfektionen möglicherweise auch durch neue Virus-Varianten zunehmen könnte. Bei der einrichtungsbezogenen Impfpflicht für das Personal etwa in Pflegeheimen kam man kritischen Ländern wie Sachsen und Bayern entgegen, die ungeimpftes Personal auch nach dem Stichtag 15. März nicht belangen müssen.
Giffey verteidigte die Öffnungsschritte, obwohl auch in dem Bund-Länder-Beschluss davon die Rede ist, dass sich künftig wieder mehr über 60-Jährige infizieren werden und auf Intensivstationen landen. Aber die Furcht vor einer Überlastung des Gesundheitssystems oder der kritischen Infrastruktur habe sich trotz vieler Omikron-Fälle nicht bewahrheitet, sagte die SPD-Politikerin. Also müsse man wegen der Verhältnismäßigkeit wieder Öffnungsschritte gehen. Man habe den Bürgern versprochen, Maßnahmen maßvoll zurückzunehmen, wenn die Gesamtlage besser werde, sagte der CDU-Politiker Wüst. Scholz betonte, dass sich viele Bürger auf Lockerungen freuten.
Das Robert-Koch-Institut (RKI) hatte vor den Beratungen eine sich abflachende Omikron-Welle gemeldet: Die bundesweite Sieben-Tage-Inzidenz sank den vierten Tag in Folge und liegt nun bei 1401,0 nach 1437,5 am Vortag. Allerdings lag die Zahl der Neuinfektionen mit 219.972 Neuinfektionen binnen 24 Stunden immer noch auf einem sehr hohen Niveau. Wie Scholz betonte aber auch die rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin Malu Dreyer, dass der Höhepunkt der Omikron-Welle erreicht sei.
Weitere 247 Menschen starben im Zusammenhang mit dem Virus. Die Zahl der Corona-Intensivpatienten lag am Mittwoch bei 2425. Die Hospitalisierungsinzidenz sieht das RKI bei 6,04. Sie gibt an, wie viele Menschen pro 100.000 Einwohner in einer Woche mit einer Corona-Infektion ins Krankenhaus eingewiesen werden. Die Deutsche Krankenhausgesellschaft (DKG) rechnet aber nicht mehr damit, dass die Zahl der Corona-Intensivpatienten auf mehr als 3000 steigen wird. Rund 87 Prozent der Covid-infizierten Patienten würden derzeit auf Normalstationen behandelt, sagte DKG-Chef Gerald Gaß der Funke-Mediengruppe.
Laut RKI-Angaben sind 76,1 Prozent der Bevölkerung mindestens einmal geimpft. Die Impfkampagne verliert angesichts der Lockerungsdebatte immer mehr an Fahrt. Am Dienstag ließen sich nach RKI-Angaben nur 178.937 Menschen impfen, davon 13.557 zum ersten Mal.
Bis 20. März soll Großteil der Corona-Beschränkungen fallen
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