Frankfurt, 28. Jan (Reuters) – Anleger müssen sich Experten zufolge in den kommenden Wochen auf verstärkte Kursschwankungen einstellen. Die Unsicherheit sei nach dem Zinserhöhungssignal der US-Notenbank so groß wie zuvor, warnt Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Fed-Chef Jerome Powell habe viele Frage offengelassen, so dass es keine einheitliche Einschätzung über sein weiteres Vorgehen gebe. „Das bedeutet mehr Volatilität für absehbare Zeit.“
Ähnlich argumentiert Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. „Investoren müssen ihre Aufmerksamkeit wieder auf die uneinheitlich verlaufende Bilanzsaison und die politischen Spannungen in Osteuropa lenken.“
In den vergangenen Tagen büßte der Dax vor allem wegen der nahenden Zinserhöhungen in den USA insgesamt etwa zwei Prozent und stand vor dem dritten Wochenverlust in Folge. Das ist die längste Serie seit mehr als vier Monaten.
RISIKOFAKTOR POLITIK – KAUM RÜCKENWIND DURCH FIRMENBILANZEN
Der Ukraine-Konflikt könnte neue Verkaufswellen auslösen, warnt Analyst Frank Wohlgemuth von der National-Bank in Essen. „Eine gewaltsame Grenzverschiebung würde sowohl politisch als auch an den Aktienmärkten starke Reaktionen hervorrufen. Wirtschaftlich wäre kurzfristig mit einem weiteren deutlichen Anstieg der Energiepreise zu rechnen, was eine erhöhende Wirkung auf die Inflationsdaten nach sich ziehen würde.“
Zugleich mangele es wegen zurückhaltender Aussagen der Unternehmen zum Geschäftsverlauf an Impulsen durch die Bilanzsaison, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. „Der Tenor ist, dass sie immer noch unter Lieferketten-Problemen leiden und der Inflationsdruck so bald nicht verschwinden wird.“
In der neuen Woche legen in den USA unter anderem die Google-Mutter Alphabet, der Autobauer Ford und T-Mobile US, die US-Mobilfunktochter der Deutschen Telekom, Quartalsergebnisse vor. Im Dax öffnet der Chip-Hersteller Infineon seine Bücher.
EZB UND BOE BERATEN ÜBER GELDPOLITIK
Darüber hinaus ist nach der Notenbank-Sitzung vor der Notenbank-Sitzung. In der neuen Woche kommen Europäische Zentralbank (EZB) und Bank von England (BoE) zusammen. Bei Letzterer gilt eine erneute Zinserhöhung um einen Viertel Prozentpunkt als sicher. Für ihren Chef Andrew Bailey sei aber entscheidend, nach dem Hin und Her der vergangenen Monate beim Thema Zinserhöhungen Vertrauen zurückzugewinnen, sagt Commerzbank-Analyst Ulrich Leuchtmann.
Die EZB wird dagegen unter Hinweis auf die vorübergehende Natur des aktuellen Teuerungsschubs auf Zinserhöhungen wohl auf absehbare Zeit verzichten. Vor diesem Hintergrund warten Börsianer unter anderem auf die deutschen (Montag) und europäischen (Mittwoch) Inflationsdaten. Diese Daten sollten der EZB den Weg weisen, prognostiziert Robert Greil, Chef-Anlagestratege des Bankhauses Merck Finck. „Umso hartnäckiger sich das Inflationsniveau um fünf Prozent hält, desto mehr steigt der Handlungsdruck für die Notenbank.“ Experten erwarten allerdings für Januar einen Rückgang der Teuerungsraten auf 4,3 beziehungsweise 4,4 Prozent im Jahresvergleich.
Das Konjunkturdaten-Highlight der Woche wartet wie üblich am Freitag auf die Investoren: Die US-Arbeitsmarktdaten. Von ihnen versprechen sie sich Aufschluss darüber, ob die Notenbank Fed mit dem Signal für eine erste Zinserhöhung im März richtig liegt. Experten erwarten für Januar den Aufbau von 238.000 Stellen außerhalb der US-Landwirtschaft, nach 199.000 im Vormonat. Einen Vorgeschmack liefern die Zahlen der privaten Arbeitsagentur ADP am Mittwoch.
Anlegern stehen unruhige Wochen bevor
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