Freitag, Mai 3, 2024
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Analyse: CDU in Berlin – Gewinner, aber möglicherweise kein Sieger

Berlin, 13. Feb – Kai Wegner wäre nicht der Erste, den das Schicksal ereilt, eine Wahl zu gewinnen – und dann doch nicht regieren zu können. Für den CDU-Spitzenkandidaten könnte dies das Ergebnis der Berliner Landtagswahl am Sonntag sein. Denn die CDU jubelte zwar, dass sie mit deutlichen Zugewinnen auf 28,2 Prozent klar auf Platz eins landete. Sowohl Wegner als auch CDU-Generalsekretär Mario Czaja erhoben sofort den Anspruch, dass die Union die nächste Regierung anführt. Aber SPD, Grüne und Linke haben trotz einiger Verluste immer noch eine Mehrheit im Berliner Abgeordnetenhaus – und deuteten bereits am Sonntagabend an, dass sie das bisherige rot-grün-rote Bündnis in der Hauptstadt trotz der herben Klatsche fortsetzen wollen. Nur in einem Punkt freuten sich alle: Die wegen Unregelmäßigkeiten nötige Nachwahl, die das Demokratie-Image Deutschlands ramponiert hatte, verlief diesmal ohne größere Probleme.

DAS PROBLEM DER CDU

Czaja jubelte, dass die Union wieder „Großstadt kann“. Und tatsächlich gelang der CDU ein guter Auftakt für das Wahljahr 2023 mit weiteren Abstimmungen in Bremen, Hessen und Bayern. Aber das Problem ist, dass selbst in Berlin, in der fast zwei Drittel der Befragten dem Senat eine schlechte Arbeit bescheinigen, die oppositionelle CDU nicht automatisch als bessere Alternative angesehen wird: Nur 31 Prozent sagen, dass die CDU die Probleme der Hauptstadt besser lösen könnte.

Ganz abgesehen davon sehen Analysten das Problem der CDU als teilweise hausgemacht an, nun möglicherweise keine Koalition bilden zu können. Denn einige Unions-Politiker glaubten nach den Silvester-Krawallen mit einer Migrationsdebatte punkten zu können. Das dürfte der CDU in den konservativen Außenbezirken der Stadt zwar einige Stimmen mehr eingebracht haben. Zugleich aber grenzten sich SPD und Grüne noch stärker gegen die CDU als möglichen Koalitionspartner ab. Sie dürfte trotz der Optionen CDU/Grüne oder CDU/SPD ohne Partner bleiben. 

DAS DILEMMA DER SPD

Aber auch die Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey und die SPD-Spitze waren am Sonntagabend nicht glücklich. Die Verluste sind kein gutes Omen für die weiteren Landtagswahlen in diesem Jahr. Und die nun auf dem Tisch liegenden Optionen sind allesamt problematisch. „Wir ziehen die Fortsetzung der Koalition durch und halten den Sturm der Entrüstung in den ersten Tagen aus,“ sagte ein Sozialdemokrat hinter vorgehaltener Hand trotzig. SPD-Chefin Saskia Esken distanzierte sich noch am Abend mehrfach von CDU. Deren Kurs der „Spaltung“ der Stadt werde keine Unterstützung finden, da sei sie sicher. Das „Modell Giffey“ versöhne dagegen die Stadt. Die SPD will unbedingt weiter machen. 

Sollte Giffey erneut ein rot-grün-rotes Bündnis anführen, stünde sie aber vor einigen Konfrontationen in dieser Koalition. In der Wohnungspolitik etwa lehnt sie den Enteignungskurs von Linken und Grünen klar ab. In der Verkehrspolitik war sie mit der Grünen-Spitzenkandidatin Bettina Jarasch zusammengerauscht. 

Kurz nach Mitternacht kam für die SPD dann die einzig gute Nachricht unter vielen schlechten: Nach Auszählung aller Wahllokale lagen die Sozialdemokraten ganze 105 Stimmen vor den Grünen. Denn am Abend war die Angst gewachsen, auch noch hinter den Grünen zu landen. Dann hätte die SPD entscheiden müssen, ob sie Juniorpartner unter Jarasch oder unter der CDU wird. „Strategisch ist das ein Albtraum“, hatte ein Sozialdemokrat gesagt. Denn als Juniorpartner in einer grün-rot-roten Regierung hätte man den Grünen die Führungsrolle in der Hauptstadt überlassen – in der ohnehin CDU und Grüne fast alle Direktmandate gewannen. Schon in anderen Großstädten wie Stuttgart hatte dies dazu geführt, dass die Grünen der SPD dauerhaft die Führungsrolle im linken Spektrum abgenommen hatten – was sie auch im Bund planen. Kompliziert könnte es werden, wenn Jarasch bei den anstehenden Sondierungen wegen des sehr geringen Abstands zwischen SPD und Grünen fordern sollte, dass beide Parteien zur Hälfte der Legislaturperiode das Amt der Regierenden Bürgermeisterin tauschen. 

„Aber Juniorpartner der CDU zu sein, ist ebenso schrecklich“, heißt es in der Parteizentrale zu der immerhin rechnerisch möglichen Option einer Koalition mit den Christdemokraten. Zudem gelten sowohl die SPD als auch die Grünen als „linke“ Landesverbände. Giffey musste schon bei der letzten Wahl auf Druck ihres Landesverbands einer Koalition mit den Linken den Vortritt vor einer Ampel-Regierung mit der FDP geben. Nun ist klar, dass sie wieder Regierungschefin im Linksbündnis werden will und nicht Wegners Juniorpartnerin. 

DIE NERVOSITÄT DER FDP 

Sorgenvoll wird auch in der Bundesregierung auf das Ergebnis geblickt. Denn eigentlich hatte es die Hoffnung gegeben, dass vor allem Grüne und FDP ihren Streit in der Verkehrspolitik nach den Berlin-Wahlen beilegen. Berlins FDP-Spitzenkandidat Sebastian Czaja, der jüngere Bruder des CDU-Generalsekretärs, hatte sich gute Chancen ausgerechnet, das Ergebnis von 7,1 Prozent aus dem Jahr 2021 deutlich zu verbessern, weil die Liberalen sich als frische Alternative anboten. Aber nun flog die FDP in Berlin erneut aus einem Landesparlament – und die Nervosität der FDP, für die Teilnahme in der Ampel-Regierung im Bund bei allen Landtagswahlen abgestraft zu werden, wird noch wachsen, fürchtet man bei SPD und Grünen. 

Das macht das Regieren für Kanzler Olaf Scholz (SPD) nicht einfacher. Dabei hatte man gerade vereinbart, den Streit über die Planungsbeschleunigung im Verkehrsbereich spätestens beim Koalitionsausschuss Anfang März zu lösen. Nun könnte sich die FDP-Führung dazu genötigt fühlen, in der Bundesregierung noch härter eigene Positionen zu vertreten, um das eigene Profil zu stärken.

Analyse: CDU in Berlin – Gewinner, aber möglicherweise kein Sieger

Quelle: Reuters

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