Günstige Preise sind nur Nr. 3 im Ranking der wichtigsten Leistungen /
Die abgeschwächte Wachstumsdynamik bei Amazon ab dem zweiten Quartal 2021 sorgt für Spekulationen. Fast scheint es so, als ob das „grenzenlose Wachstum“ des eCommerce-Giganten gestoppt worden sei. Im Jahr 2020 war der Umsatz von Amazon absolut um mehr als 100 Mrd. US-$ gestiegen und belief sich auf 386 Mrd. US-$. Dieses Umsatzwachstum von knapp 40 % p.a. stellt für das Unternehmen keine Ausnahme dar. Bereits vor zehn Jahren erreichte Amazon einen Umsatzzuwachs von 41 %, allerdings auf einem sehr viel geringeren Niveau.
„Selbst wenn das traditionell gute letzte Quartal in diesem Jahr nur leicht besser sein sollte als das letztjährige, wird Amazon in 2021 Umsätze von mehr als 460 Mrd. US-$ erzielen. In diesem Fall würde das Umsatzwachstum immer noch etwa 20 % pro Jahr betragen, also so hoch sein wie in den Jahren 2014, 2015 und 2019“, betont Prof. Dr. Andreas Krämer, CEO der exeo Strategic Consulting AG und Co-Autor der Studie OpinionTRAIN.
Die Ergebnisse der Studie im Überblick:
Das Segment der Prime-Abonnenten gewinnt für Amazon weiter an Bedeutung
In Deutschland (82 %) und Österreich (78 %) liegen die Amazon-Kundenanteile in der Bevölkerung vergleichsweise hoch. Ganz anders in der Schweiz und in Schweden, wo der eCommerce-Gigant offenbar deutlich mehr Probleme hat bzw. diese Märkte nicht im Fokus stehen. So geben in Schweden nur 34 % der Befragten an, Kunden bei Amazon zu sein (Schweiz 45 %). Unter den Amazon-Nutzern ist der Anteil der Prime-Mitglieder in Österreich besonders hoch. 35 % der Befragten bestätigen hier, über ein Prime-Abo zu verfügen (45 % bezogen auf die Amazon-Kunden).
In Deutschland geben im Aug./Sep. 2021 etwa 36 % der Befragten an, ein Prime-Abo zu besitzen. Im Nov./Dez. 2020 lag der Anteil bei 31 % und zu Beginn der Corona-Pandemie (Apr./Mai 2020) bei nur 26 %. Gleichzeitig wird damit aber immer deutlicher, wie wichtig die Stammkunden als Wachstumsmotor für Amazon sind: Prime-Kunden kaufen häufiger und geben deutlich mehr Geld auf der Plattform aus.
Günstige Preise sind nur Nr. 3 im Ranking der wichtigsten Leistungen
Amazon-Kunden in Deutschland sehen in der Regel mehrere unterschiedliche USPs beim Onlinehändler: Im Ranking auf Platz 1 steht die schnelle Lieferung – aktuell sehen 68 % der Kunden in diesem Punkt eine besondere Leistung des Onlinehändlers (63 % im Nov./Dez. 2020). Im Ranking folgt als Nummer 2 die breite Produktauswahl (stabil 62 %). Wie frühere Studienergebnisse von Rogator / exeo bereits gezeigt haben, spielt der günstige Preis in der Kundenwahrnehmung von Amazon eine wichtige, aber nicht die dominierende Rolle (Nr. 3 im Ranking mit 51 %).
Neben der kostenlosen Lieferung, die von 46 % der Kunden als besondere Leistung des Onlinehändlers gesehen wird, spielen die Prime-Leistungen eine zunehmend wichtige Rolle. Gefragt nach den wichtigsten Merkmalen von Amazon nennen die Nutzer in Deutschland im Mittel 3,9 Merkmale (von 10 möglichen), auch dieser Wert ist gegenüber der Vormessung im Nov./Dez. 2020 angestiegen.
Trendumkehr beim NPS – die Kundentreue bei Amazon wächst wieder
Amazon erreicht in Deutschland traditionell sehr hohe Werte in der Weiterempfehlungsabsicht und kommt beim Net Promoter Score® (NPS®) aktuell auf einen Wert von +32, nachdem in der Voruntersuchung noch ein Wert von +24 gemessen wurde. Der NPS® stellt die Differenz dar zwischen dem Anteil der Verbraucher, die das Unternehmen weiterempfehlen, und dem Anteil derer, die keine Empfehlung abgeben (Wertebereich -100 bis +100). Im Segment der Prime-Kunden ist die Weiterempfehlungsbereitschaft in Deutschland besonders hoch. Nachdem die Zeitreihe zum NPS® bisher einen negativen Trend für Amazon aufwies, zeigen sich aktuell verbesserte Werte: So kommt das Kundensegment Prime-Abo auf ein Niveau von +80, während Kunden ohne das Prime-Abo nur +10 erreichen (Tendenz in diesem Segment weiter sinkend).
Die zunehmend strategische Bedeutung digitaler Angebote
Während der Corona-Krise gewinnt Amazon nicht nur wegen der verstärkten Onlinebestellungen, sondern auch durch die intensivere Streaming-Nutzung bei Videos und bei Musik. Neben der kostenlosen Lieferung stellen diese Leistungen aus Kundensicht die wichtigsten Prime-Leistungen dar. Um die Bedeutung unterschiedlicher Streaming-Angebote für die Konsumenten zu messen, wurden die Studienteilnehmer gebeten, über die Streaming-Nutzung bei Videos oder Musik am Vortag des Interviews zu berichten. In Deutschland gaben 32 % der Befragten an, Filme oder Serien gestreamt zu haben, 23 % berichteten über das Streaming von Musik. In der Altersgruppe <30 Jahre waren die Anteile besonders hoch (54 % und 35 %). Sowohl das Amazon-Angebot bei Videos als auch bei Musik wird relativ häufiger genutzt. Allerdings erreicht Amazon keine Spitzenposition beim Nutzeranteil.
Diese besetzt im Bereich Filme und Serien der US-Anbieter Netflix mit einem Anteil von 68 % (Amazon erreicht mit 48 % Rang 2, gefolgt von Disney Plus mit 20 %). Beim Streaming von Musik belegt Amazon ebenfalls den zweiten Platz. 47 % der Befragten, die am Referenztag Musik gestreamt haben, nutzen Spotify (Amazon Music kommt auf 32 % und YouTube Music auf 20 %). Die jeweiligen Spitzenplätze bei Video- und Musik-Streaming korrespondieren mit einem überragenden NPS. Netflix erreicht beim Net Promoter Score® (NPS®) die beste Bewertung (+56), knapp vor Amazon Prime Video (+50), während sich Spotify mit einem NPS von +72 relativ deutlich von Amazon Music (+57) absetzt.
Die guten Platzierungen von Amazon bei der Nutzung digitaler Leistungen im Prime-Paket und die gleichzeitig guten Kundenbewertungen sind als Indiz dafür zu sehen, dass die Wertigkeit des Prime-Angebots nach wie vor sehr hoch ist, auch wenn Amazon nicht den jeweiligen Spitzenplatz besetzt.
„Amazon investiert viel, um den Prime-Leistungsumfang zu erweitern. Im Bereich Video-Streaming schafft es Prime, mit attraktiven Filmen und Sport-Liveübertragungen auf Augenhöhe mit Netflix und insbesondere für jüngere Konsumenten attraktiv zu bleiben. Digitale Angebote werden damit zunehmend wichtig als Wettbewerbsvorteil von Amazon, eine Umsatzimplosion ist daher vorerst nicht in Sicht“, resümiert Johannes Hercher, Vorstand der Rogator AG und Co-Autor der aktuellen Studie OpinionTRAIN.
Die Studie und weitere Informationen finden Sie hier:
Foto/Quelle: Rogator AG