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Wohnimmobilienpreise fallen erstmals seit 2010 – „Gesunde Entwicklung“

Berlin, 24. Mrz – Steigende Kreditkosten und hohe Inflation haben dem 2010 begonnenen Boom bei den Preisen für Wohnimmobilien ein abruptes Ende bereitet. Von Oktober bis Dezember 2022 verbilligten sie sich um durchschnittlich 3,6 Prozent zum Vorjahresquartal, wie das Statistische Bundesamt am Freitag mitteilte. Das ist der erste Rückgang bei den Kaufpreisen für Wohnungen sowie Ein- und Zweifamilienhäuser seit 2010 – und zugleich der größte seit Anfang 2007 mit minus 3,8 Prozent. Ausschlaggebend dürfte eine gesunkene Nachfrage infolge gestiegener Finanzierungskosten und der anhaltend hohen Inflation gewesen sein, so die Statistiker. Gemessen am dritten Quartal 2022 sanken die Preise sogar um 5,0 Prozent. 

Experten zeigten sich vom Ausmaß überrascht, können dem Rückgang aber etwas Positives abgewinnen – schließlich warnt die Bundesbank seit langem vor einer Überbewertung von 25 und 40 Prozent in den Städten. „Dass die Preise im vierten Quartal gefallen sind, dürfte niemanden überraschen“, sagte Ökonom Martin Güth von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). „Doch das Tempo lässt aufhorchen.“ Am Wohnimmobilienmarkt habe zweifellos eine Korrektur eingesetzt, die sich fortsetzen dürfte. „Dabei handelt es sich um eine gesunde Entwicklung“, sagte Güth. „Der Markt ist hoch bewertet und Wohnraum kaum noch erschwinglich.“ 

Da Wohnraum knapp bleibe, dürfte der Preisrückgang aber „alles in allem überschaubar bleiben“. Die LBBW rechnet mit einer Preiskorrektur von knapp zehn Prozent. Als Kapitalanlage dürften Wohnimmobilien derzeit wohl nur im Einzelfall eine attraktive Alternative zu Anleihen sein. „Zur Eigennutzung kann ein Immobilienkauf dennoch Sinn machen, denn wirklich billig werden Wohnungen wohl auf absehbare Zeit nicht werden“, sagte Analyst Güth.

VOR ALLEM HÄUSER GÜNSTIGER

Insgesamt stiegen die Preise im vergangenen Jahr aber weiter, da es in den ersten drei Quartalen noch Zuwächse gab: Im Jahresdurchschnitt zogen sie um 5,3 Prozent an. 2021 hatte es mit plus 11,5 Prozent noch den stärksten Anstieg seit Beginn der Zeitreihe im Jahr 2000 gegeben.

Sowohl in den Städten als auch in den ländlichen Regionen waren zum Jahresausklang größtenteils Rückgänge zu verzeichnen. „Dabei sanken die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser stärker als die für Eigentumswohnungen“, so die Statistiker. Ein- und Zweifamilienhäuser beispielsweise verbilligten sich in den kreisfreien Großstädten um 5,9 Prozent im Vergleich zum Vorjahresquartal, während die Preise für Eigentumswohnungen in diesen Städten lediglich um 1,0 Prozent abnahmen.

In den dünn besiedelten ländlichen Kreisen waren Ein- und Zweifamilienhäuser 5,5 Prozent günstiger zu haben, Eigentumswohnungen dagegen mit plus 0,1 Prozent minimal teurer. In den Metropolen Berlin, Hamburg, München, Köln, Frankfurt am Main, Stuttgart und Düsseldorf gingen die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser um 2,9 und für Wohnungen um 1,6 Prozent zurück. 

AUFTRAGSKRISE AM BAU

Für die Baubranche sind die steigenden Material- und Finanzierungskosten zunehmend ein Problem. Die Auftragskrise hat sich mit dem schlechtesten Jahresauftakt seit 14 Jahren verschärft. Das Neugeschäft im Bauhauptgewerbe – zu dem neben dem Wohnungsbau etwa auch der Straßenbau gehört – fiel im Januar inflationsbereinigt um 5,8 Prozent schwächer aus als im Vormonat. Im Vergleich zum Vorjahresmonat gab es sogar einen Auftragsschwund von 21,0 Prozent.

„Einen größeren Rückgang zum Jahresbeginn hatte es zuletzt im Januar 2009 gegeben“, betonten die Statistiker. „Die Investoren treten zu Jahresbeginn auf die Bau-Bremse“, sagte der Hauptgeschäftsführer der Bauindustrie, Tim-Oliver Müller. „Die starken Preis- und Zinssteigerungen haben die Verunsicherung weiter verstärkt.“ Die „Schockstarre“ müsse sich bald lösen, da die Auftragsbestände nicht mehr lange reichten, um die Unternehmen auszulasten.

Die Bundesregierung hat mittlerweile ihr Ziel aufgegeben, dass jährlich 400.000 Wohnungen gebaut werden. Experten zufolge ist die Lage am Immobilienmarkt dramatisch: Demnach fehlen in den nächsten Jahren rund 700.000 Wohnungen. Die Politik müsse sich stärker auf die Nachverdichtung im Bestand fokussieren, um bezahlbaren neuen Wohnraum gerade in den Ballungsräumen zu schaffen, rät das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung.

Wohnimmobilienpreise fallen erstmals seit 2010 – „Gesunde Entwicklung“

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Pranchai Himakoon auf Pixabay

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