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Verfassungsrichter nehmen Ampel-Etatkniff unter die Lupe

Berlin, 08. Dez – Das Bundesverfassungsgericht will eingehend prüfen, ob sich die Ampel-Regierung beim Aufbau eines Milliarden-Finanzpolsters zu Beginn ihrer Amtszeit im Rahmen des Grundgesetzes bewegt hat. Das machte das Gericht in Karlsruhe am Donnerstag deutlich. Die Verfassungsrichter lehnten zwar den Antrag der oppositionellen Union ab, die mit dem zweiten Nachtragsetat 2021 beschlossene Klimarücklage von 60 Milliarden Euro sofort zu stoppen.

Aber in der ausführlichen Begründung erklärte das Gericht, dass die Klage nicht von vornherein unzulässig oder unbegründet sei. Ebenso sei die Möglichkeit nicht von vorneherein ausgeschlossen, dass der Zeitpunkt der Verabschiedung das Grundgesetz verletze. Eine Entscheidung in der Hauptsache fällt frühestens 2023.

Die Union sah sich trotz der Ablehnung ihres Eilantrages in ihrer Klage bestätigt. „Wir bleiben dennoch zuversichtlich, was den Ausgang der Hauptsache angeht“, sagte Vizefraktionschef Mathias Middelberg. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) wertete die Entscheidung indes als „gute Nachricht für die vielen, vielen Menschen, die aus dem Klima- und Transformationsfonds Unterstützung erhalten“. 

Gleichzeitig ließ Lindner aber auch durchblicken, wen er im Falle eines Scheiterns der Bundesregierung in Karlsruhe in der Verantwortung sähe. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) könne sich durch die jetzige Entscheidung bestärkt sehen, sagte der FDP-Politiker: „Der zweite Nachtrag 2021 wurde konzeptionell noch vorbereitet von Olaf Scholz als Bundesfinanzminister.“ 

In ihren Koalitionsverhandlungen hatten sich SPD, Grüne und FDP Ende 2021 darauf verständigt, 60 Milliarden Euro ungenutzter Kreditermächtigungen in den Klima- und Transformationsfonds zu verschieben. Die neuen Kredite waren ursprünglich im Haushalt zur Bewältigung der Corona-Krise bewilligt worden, wurden aber nicht benötigt. Der Bundestagsbeschluss dazu fiel erst im Januar 2022, rückwirkend zum Jahresanfang. Damit verschaffte sich die Koalition mehr finanziellen Spielraum, um etwa ab 2023 die Schuldenbremse wieder einzuhalten. Für 2020 bis 2022 war diese wegen der Corona-Pandemie und in diesem Jahr auch wegen des Ukraine-Krieges ausgesetzt. Sie soll ab 2023 wieder gelten.

UNION SIEHT AUSWIRKUNGEN AUCH FÜR 200-MRD-EURO-ABWEHRSCHIRM

Lindner verwies darauf, dass viele Förderprogramme gestoppt worden wären, wenn die Union Recht bekommen hätte mit dem Antrag auf eine einstweilige Anordnung. „Menschen hätten ihr Haus nicht energetisch sanieren können, Programme im Bereich der Wasserstoff-Wirtschaft hätten nicht fortgesetzt werden können.“ Diese Fördermittel wären infragegestellt worden. 

Middelberg unterstrich, die Union kritisiere nicht grundsätzlich mehr Mittel etwa für Klimaschutz oder zur Dämpfung der hohen Energiepreise durch den 200-Milliarden-Euro-Abwehrschirm. Es solle aber „haushalterisch korrekt“ zugehen. Lindner nehme dagegen Kredite auf Vorrat auf.

Die Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache könnte laut Middelberg auch Auswirkungen auf den Abwehrschirm zur Finanzierung etwa der Gas- und Strompreisbremsen haben, den die Koalition 2022 mit Kreditermächtigungen von 200 Milliarden Euro ausgestattet hatte. „Es sind auch Fragen, die sich stellen im Hinblick auf den Wirtschaftsstabilisierungsfonds“, sagte Middelberg mit Blick auf den Abwehrschirm. Vorgesehen ist das Geld größtenteils erst für die Jahre 2023 und 2024. Middelberg verwies darauf, dass die Koalition das Geld etwa auch durch einen Nachtragshaushalt im Jahr 2023 hätte mobilisieren können. Der Sondertopf ermöglichte es der Koalition aber, den Haushalt 2023 unter Einhaltung der Schuldenbremse zu beschließen. 

Auch Lindner räumte der ausstehenden Entscheidung des Gerichts in der Hauptsache große Tragweite ein. Dem Beschluss sei zu entnehmen, „dass das Verfassungsgericht hier auch neue Auslegungen des Grundgesetzes sich vorgenommen hat“, sagte Lindner. „Dass es mithin also noch durchaus Bedarf gibt, höchstrichterlich die Schuldenbremse zu konkretisieren.“ Insofern erhoffe er sich „auch eine wichtige Richtungsweisung für die zukünftige Haushaltspolitik von Bund und Ländern“.

Verfassungsrichter nehmen Ampel-Etatkniff unter die Lupe

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Frits de Jong auf Pixabay

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