Frankfurt, 22. Nov – Die europäischen Börsen bleiben weiter in ihrer jüngsten Handelsspanne gefangen. „Den meisten Anleger fällt es schwer, die kurz- und mittelfristigen Aussichten für riskante Anlagen abzuschätzen“, sagte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. Dax und EuroStoxx50 lagen am frühen Dienstagnachmittag jeweils knapp im Plus bei 14.396 beziehungsweise 3917 Punkten.
Unterstützung erhielten die Kurse unter anderem von den Spekulationen auf behutsamere Zinserhöhungen der Notenbank Fed, die vom überraschend geringen Anstieg der US-Inflation im Oktober befeuert wurde. Allerdings seien die Erwartungen der Anleger überzogen, warnte Finanzmarkt-Experte Russ Mould vom Brokerhaus AJ Bell. „Morgen könnte eine kalte Dusche folgen.“ Am Mittwoch steht die Veröffentlichung der Protokolle der jüngsten Fed-Sitzung auf dem Plan. Davon versprechen sich Börsianer Hinweise auf das weitere Zinserhöhungstempo.
Gleichzeitig verfolgen sie aufmerksam die Entwicklung der Coronavirus-Pandemie beim wichtigen Handelspartner China und die dort verhängten Lockdowns. „Der Markt scheint die Meinung zu vertreten, dass der aktuelle Ausbruch nur ein kurzfristiger ist“, sagte Analyst Ole Hansen von der Saxo Bank. Die Beeinträchtigungen der dortigen Wirtschaft könnten aber länger anhalten als derzeit gedacht.
KUPFER UND ROHÖL IM AUFWIND – BITCOIN NAHE ZWEI-JAHRES-TIEF
Rohstoff-Anleger schoben dennoch Sorgen vor einer geringeren Nachfrage des Top-Abnehmers China beiseite. Kupfer verteuerte sich um 1,8 Prozent auf 8023 Dollar je Tonne. Parallel dazu legte die Rohöl-Sorte Brent aus der Nordsee 1,6 Prozent auf 88,83 Dollar je Barrel (159 Liter) zu. Haupt-Triebfeder für deren Gewinne sei aber die Absage Saudi-Arabiens an eine mögliche Ausweitung der Fördermengen, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. Im Windschatten des Ölpreis-Anstiegs gewann der Index für die europäische Öl- und Gasbranche 4,5 Prozent.
Am Kryptowährungsmarkt stabilisierte sich der Kurs von Bitcoin bei 15.995 Dollar und damit knapp über seinem jüngsten Zwei-Jahres-Tief. Der Kryptowährungsbroker und -verleiher Genesis wies Medienberichte über eine bevorstehende Insolvenz als Folge des Zusammenbruchs der Börse FTX zurück. Die Furcht vor Ansteckungseffekten werde damit aber nicht zerstreut, kommentierte Analyst Timo Emden von Emden Research.
CEVIAN ZIEHT BEI THYSSENKRUPP DIE REISSLEINE
Am deutschen Aktienmarkt rückte Thyssenkrupp ins Rampenlicht, nachdem Cevian seine verbliebene Beteiligung an dem Industriekonzern fast komplett verkauft hatte. Die Aktie fiel daraufhin um 4,6 Prozent auf 5,16 Euro. Der Finanzinvestor war zu deutlich höheren Kursen bei dem Konzern eingestiegen. „Was für eine miserable Investition“, kommentierte ein Börsianer.
Die Titel von AO World steuerten dagegen mit einem Plus von zeitweise 16,5 Prozent auf den größten Tagesgewinn seit zwei Jahren zu. Dank der Fußball-Weltmeisterschaft stellte der britische Online-Elektronikhändler für das laufende Geschäftsjahr einen Gewinn am oberen Ende der angepeilten Spanne von umgerechnet 23 bis 35 Millionen Euro in Aussicht. Sollte die englische Nationalmannschaft die Endrunde erreichen, könne mit einem zusätzlichen Anstieg der TV-Verkäufe gerechnet werden.
Anleger zwischen Zinshoffnungen und Corona-Sorgen
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von F.Muhammad auf Pixabay
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