UPDATE Berlin, 22. Nov – Ökonomen sehen Licht und Schatten beim geplanten Vorziehen der Entlastungen durch die Gaspreisbremse auf Januar und Februar. „Insgesamt ist es die richtige Entscheidung, die Gaspreisbremse so früh wie möglich greifen zu lassen“, sagte der Professor vom Institut für Wettbewerbsökonomie an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf, Jens Südekum, am Dienstag der Nachrichtenagentur Reuters. „Denn Gas wird verbraucht, wenn es kalt ist. Dann sollte auch die Unterstützung fließen.“ Die meisten Verbraucher würden den zuvor nicht absehbaren Geldregen dazu nutzen, die gestiegenen Gasrechnungen zu bezahlen.
Kritik kommt dagegen von Ifo-Präsident Clemens Fuest. „Ich hätte es einfacher und effektiver gefunden, eine Energieprämie zu geben“, sagte der Chef des Münchner Instituts zu Reuters TV. Das jetzige System sei so kompliziert, dass es erst am Ende des Winters eingeführt werden könne, auch wenn es dann rückwirkend wirke. „Ich hätte eine einfachere Lösung besser gefunden.“ Es sei aber positiv, wenn ärmeren Haushalten und Kleingewerbe geholfen nun werde.
Gerade solche Haushalte, die über ausreichend Ersparnisse verfügen und auf staatliche Unterstützung nicht angewiesen sind, könnten den unerwarteten Geldzufluss für zusätzlichen Konsum nutzen, sagte Südekum, der Mitglied im Wissenschaftlichen Beirat beim Bundeswirtschaftsministerium ist. „Das würde die Konjunktur stützen und die sich abzeichnende Rezession abmildern.“ Das dadurch die Inflation zusätzlich angeheizt werden könnte, glaubt der Professor nicht. „Denn sie ist ja nicht nachfrageseitig vom Konsum her getrieben, sondern spiegelt Angebotsschocks wider.“
„BLEIBT BEIM GIESSKANNENPRINZIP“
DIW-Präsident Marcel Fratzscher hält es für besonders wichtig, das die Entlastungen unverzüglich durch eine geringere Heizkostenabrechnung an alle Mieter weitergegeben werden. Das seien „gute Neuigkeiten vor allem für Menschen mit geringen Einkommen, da sie dadurch nicht mehr ganz so stark durch höhere Gas- und Strompreise belastet werden“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschafsforschung (DIW) zu Reuters. Trotzdem werde die Preisbremse nichts daran ändern, „dass die Wirtschaft in den kommenden Monaten in eine Rezession rutschen und vor allem der private Konsum besonders stark leiden wird, vor allem für Menschen mit geringen Einkommen“. Vor allem viele Dienstleister – wie der Einzelhandel, die Gastronomie und die Reisebranche – dürften im kommenden Jahr stark leiden, da Menschen ihren Konsum deutlich reduzieren müssen. „Auch die Tafeln werden weiterhin Zulauf bekommen, da die Preise weiter steigen werden“, sagte Fratzscher. „Die soziale Polarisierung wird daher weiter deutlich zunehmen.“
Die geplanten Preisbremsen auf Gas und Strom sollen bereits ab Januar 2023 greifen, wie aus Regierungskreisen verlautet. „Der neue Gesetzentwurf ändert nichts daran, dass der Staat 54 Milliarden Euro per Gießkannenprinzip verteilt und der größte Teil der Hilfen in Euro Menschen mit hohen Einkommen und Unternehmen zugute kommt“, kritisierte Fratzscher.
Ökonomen begrüßen Vorziehen der Gaspreisbremse – „Kann Rezession mildern“
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Peter H auf Pixabay
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