Berlin, 15. Nov – Die Überschuldung in Deutschland ist in diesem Jahr zwar auf ein Rekordtief gefallen. Die sich abzeichnende Rezession und die Energiekrise werfen jedoch bereits ihre Schatten voraus und signalisieren eine Trendwende zum Schlechteren, wie am Dienstag aus dem Schuldneratlas der Wirtschaftsauskunftei Creditreform hervorgeht. Die Zahl überschuldeter Privatpersonen sank demnach 2022 um rund 274.000 Fälle oder 4,4 Prozent auf 5,88 Millionen. Nur noch 2,94 Millionen Haushalte gelten als überschuldet und nachhaltig zahlungsgestört. Die Überschuldungsquote, also der Anteil überschuldeter Personen im Verhältnis zu allen Erwachsenen in Deutschland, sinkt um 0,38 Punkte auf 8,48 Prozent und liegt damit deutlich unter der Neun-Prozent-Marke.
„Die guten Zahlen sind leider trügerisch“, warnte Creditreform-Chefökonom Patrik-Ludwig Hantzsch. Seit der Corona-Pandemie reduzierten sich zwar die Überschuldungsfälle in drastischem Tempo. Durch die anhaltende Krisenlage geben die meisten Menschen weniger Geld aus und die staatlichen Hilfsprogramme schützen viele Verbraucherinnen und Verbraucher. „Wir fürchten in den kommenden Monaten eine Trendwende.“ Denn die in der Virus-Pandemie angehäufte Sparguthaben seien oft schon wieder aufgebraucht. „Das trifft jetzt vor allem Geringverdiener, die auch in normalen Zeiten nicht viel auf die Seite legen können“, erläuterte Hantzsch.
Zudem verlangsamere sich der Rückgang überschuldeter Personen bereits. „Die wahren Belastungen werden die anhaltend hohe Inflation und insbesondere die ansteigenden Energiekosten sein, die noch längst nicht vollständig beim Verbraucher angekommen sind“, sagte Hantzsch. Diese Folgen seien bei der Überschuldung nicht akut spürbar, sondern würden zeitverzögert und mit Langzeitwirkung auftreten.
Die Inflation in Deutschland liegt derzeit bei 10,4 Prozent und damit auf dem höchsten Stand seit 1951. Vor allem Energie und Lebensmittel haben sich massiv verteuert.
Viele jüngere Personen konnten ihre Überschuldung in diesem Jahr schnell abbauen. Bei den älteren Menschen ab 60 Jahre sieht es laut Creditreform hingegen schon deutlich schwieriger aus. Dort sei die Überschuldungsquote nur geringfügig gesunken. Deutschland stehe aktuell vor einer „Zeitenwende bei der Überschuldung – Altersarmut und Altersüberschuldung gehen Hand in Hand“, hieß es. „Zudem stellen wir fest, dass auch Energiearmut und Energieüberschuldung miteinander korrelieren.“
Einer Modellrechnung von Creditreform zufolge laufen bis zu 19 Prozent der deutschen Haushalte Gefahr, ihre Rechnungen für Strom, Wasser, Gas oder Wärme nicht sofort bezahlen zu können. Das betreffe rund 7,8 Millionen Haushalte oder 15,6 Millionen Personen. „Der kommende Energiepreisschock zu Beginn des neuen Jahres wird für viele zu einer finanziellen Überforderung.“
Creditreform sieht sinkende Überschuldung – Aber Energiepreisschock 2023
Quelle: Reuters
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