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Nusa Dua/Berlin, 15. Nov (Reuters) – Die G20-Staaten ringen darum, ob Russland auf dem Gipfeltreffen in Indonesien wegen seines Angriffs auf die Ukraine scharf verurteilt werden soll. In dem Reuters vorliegenden Entwurf der Abschlusserklärung des G20-Treffens auf Bali wird eine deutliche Kritik vorgeschlagen. „Die meisten Mitglieder haben den Krieg in der Ukraine auf das Schärfste verurteilt und haben betont, dass er unermessliches menschliches Leid verursacht und bestehende Schwachstellen in der Weltwirtschaft verschärft“, heißt es in dem Text, der auf dem Gipfel unter indonesischer Präsidentschaft am Mittwoch beschlossen werden soll. Allerdings hatte Russlands Außenminister Sergej Lawrow einen Alternativentwurf angekündigt. Bundeskanzler Olaf Scholz sagte, dass es ein Erfolg wäre, wenn die Staats- und Regierungschefs vor dem Einsatz von und der Drohung mit Atomwaffen warnen würden.
Aus dem Entwurf der Gipfelerklärung, die bis Mittwoch verhandelt wird, geht hervor, dass sich die wichtigsten Industrie- und Schwellenländer etwa auf die Einhaltung des 1,5-Grad-Ziels in der Klimapolitik und zum freien Welthandel bekennen wollen. Der Gastgeber, Indonesiens Präsident Joko Widodo, appellierte an die Teilnehmer, gemeinsam die Weltwirtschaft zu stärken.
RUSSLANDS KRIEG IM ZENTRUM
Russlands Angriff auf die Ukraine am 24. Februar überschattet das zweitägige Treffen auf Bali. „Stürzen Sie die Weltwirtschaft nicht in den Abgrund“, sagte Kanzler Olaf Scholz an Russlands Präsident Wladimir Putin gerichtet am Dienstag beim Gipfel. An dem Treffen nehmen auch US-Präsident Joe Biden und Chinas Präsident Xi Jinping teil, die sich zuvor zu einem dreistündigen Gespräch getroffen hatten. Die G20-Teilnehmer vertreten Staaten mit mehr als 80 Prozent des weltweiten Bruttoinlandsprodukts, 75 Prozent des internationalen Handels und 60 Prozent der Weltbevölkerung.
Putin war nicht angereist, sondern ließ sich am Dienstag von Außenminister Lawrow vertreten. Dieser war im Saal, als der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj virtuell zum Gipfel zugeschaltet wurde und ein Ende des Krieges forderte. Scholz wies eine Aussage Lawrows zurück, dass es ein Gespräch zwischen ihnen beiden gegeben habe. „Er stand in meiner Nähe und hat auch zwei Sätze gesagt. Das war das Gespräch“, sagte der Kanzler.
Der chinesische Außenminister Wang Yi lobte bei einem Treffen mit Lawrow, dass Moskaus Position, ein Atomkrieg sollte nicht geführt werden, „rational“ und „verantwortungsvoll“ sei. Wang stellte sich ausdrücklich an die Seite Russlands, mit dem China eng zusammenarbeiten wolle. Scholz betonte, dass sich Präsident Xi aber in seinen Gesprächen mit ihm und US-Präsident Biden der Warnung vor einem Atombombeneinsatz in der Ukraine angeschlossen habe. Der Kanzler zeigte sich zuversichtlich, dass die G20 diese Warnung beschließen werden. Dafür zeichne sich ein Konsens ab und dies wäre ein wichtiger „Haltepunkt“ für Moskau.
In dem Entwurfstext heißt es wegen des erwarteten Widerstands einiger G20-Staaten an zu deutlicher Kritik an Russland vorsorglich: „Es gab andere Ansichten und unterschiedliche Einschätzungen der Situation und der Sanktionen. Wir erkennen an, dass die G20 nicht das Forum ist, um Sicherheitsfragen zu lösen, aber wir erkennen an, dass Sicherheitsfragen erhebliche Auswirkungen auf die Weltwirtschaft haben können.“ Es ist aber unklar, ob diese Formulierung in der Abschlusserklärung bleiben wird.
FRAGILE WELTWIRTSCHAFT, SORGEN ÜBER HOHE SCHULDEN
In dem Entwurf wird darauf verwiesen, dass der Krieg das weltweite Wachstum einschränke, die Inflation antreibe, die Versorgungsketten unterbreche, die Energie- und Ernährungsunsicherheit verstärke und die Risiken für die Finanzstabilität erhöhe. „Das wirksamste Mittel für die Erholung der Weltwirtschaft ist das Ende des russischen Krieges gegen die Ukraine“, sagte Scholz. Das Sinken der Nahrungsmittelpreise nach der Wiederaufnahme der Getreidelieferungen aus der Ukraine zeige, dass der Krieg für die Preisturbulenzen auf den Weltmärkten verantwortlich sei.
Die USA und Europa hätten UN-Generalsekretär Antonio Guterres zugesichert, russischen Getreideexporten keine Steine mehr in den Weg zu legen, sagte der russische Außenminister nach einem Gespräch mit Guterres. Russisches Getreide und Düngemittel sind nicht direkt von den westlichen Sanktionen betroffen. Aber Moskau beklagt sich seit Monaten, dass ihre Ausfuhr effektiv eingeschränkt sind, weil die Sanktionen den Zugang zu Häfen, Finanzen und Versicherungen beschränken. Russland wiederum hatte ukrainische Lieferungen blockiert.
G20 SORGEN SICH UM HOHE SCHULDEN
Die G20-Staaten zeigen sich beunruhigt wegen des hohen Schuldenstands vieler Entwicklungs- und Schwellenländer. „Wir sind besorgt über die sich verschlechternde Schuldensituation in einigen gefährdeten Ländern mit mittlerem Einkommen“, heißt es in dem Entwurf. Ohne dass China namentlich erwähnt wird, heißt es darin, es sei wichtig, dass alle offiziellen und privaten bilateralen Gläubiger zusammenarbeiten sollten. Zudem wird mehr Transparenz gefordert, die für private und staatliche Gläubiger gelten soll. Hintergrund sind Sorgen, dass China über die Regierung, Provinzen und Privatfirmen riesige Kreditsummen an mittlerweile hoch verschuldete Entwicklungsländer vergeben hat, aber selbst keinen Überblick mehr über das Volumen hat.
Die G20 wollen sich laut Entwurf zudem zum freien Welthandel verpflichten und zusammenarbeiten, damit Lieferketten nicht unterbrochen werden und es zu keinen Handelsunterbrechungen kommt. Die G20-Zentralbanken sollen zudem ihre Arbeit stark auf den Kampf gegen die hohe Inflation ausrichten.
Entwurf der G20-Gipfelerklärung sieht Verurteilung Russlands vor
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von senjakelabu29 auf Pixabay
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