Berlin, 27. Jul (Reuters) – Die Furcht vor einer akuten Gaskrise im Winter und die hohe Inflation verderben den Verbrauchern die Laune wie noch nie. Das Barometer der Nürnberger GfK-Marktforscher signalisiert für August einen Rückgang um 2,9 Zähler auf minus 30,6 Punkte, wie die GfK am Mittwoch mitteilte. Seit Beginn der Erhebung der Verbraucherstimmung für Gesamtdeutschland im Jahr 1991 wurde kein schlechterer Wert gemessen. Zu den Sorgen um unterbrochene Lieferketten, den Ukraine-Krieg und stark steigende Energie- und Lebensmittelpreise, kämen nun Befürchtungen um eine ausreichende Gasversorgung im nächsten Winter, erläuterte GfK-Fachmann Rolf Bürkl: „Dies drückt derzeit die Stimmung der Verbraucher in den Keller.“
Die Konsumenten befinden sich nach Ansicht des Chefökonomen Alexander Krüger von der Hauck Aufhäuser Lampe Privatbank weiter im Schockzustand. „Wegen der hohen Inflation wird auf die Verbraucher auch weiterhin nicht zu zählen sein. Die Unsicherheit ist groß, wie kräftig das eigene Portemonnaie noch belastet wird.“ Aktuell hohe Inflationsraten zwischen sieben und acht Prozent beeinträchtigen die Kaufkraft der privaten Haushalte, erklärte die GfK. Sollten die Erdgaslieferungen aus Russland weiter eingeschränkt oder sogar ganz eingestellt werden, dürften die Energiepreise weiter steigen.
Wie angekündigt, hat Russland die Gaslieferungen über die Pipeline Nord Stream 1 mittlerweile weiter eingeschränkt. Der russische Konzern Gazprom hatte am Montag angekündigt, wegen einer weiteren fehlenden Turbine nur noch 20 Prozent der Gas-Kapazität von Nord Stream 1 nach Westeuropa zu leiten. Vor und nach einer zehntägigen Wartungspause, in der gar kein Gas geflossen war, hatte Gazprom 40 Prozent der Kapazitäten durchgeleitet. Die Kürzungen haben den Gaspreis in die Höhe getrieben.
ENERGIEKOSTEN REISSEN LÖCHER INS BUDGET
Auch vor diesem Hintergrund hat die Bereitschaft der Bürger für größere Einkäufe im Juli nachgelassen. Das Barometer dafür verlor 0,8 Punkte auf minus 14,5 Zähler. Zuletzt wurde zu Zeiten der Finanz- und Wirtschaftskrise im Oktober 2008 ein geringerer Wert gemessen: „Wenn für Energie und Lebensmittel deutlich mehr Geld ausgegeben werden muss, fehlen diese Mittel für andere Anschaffungen“, erläuterte GfK-Experte Bürkl.
Union-Investment-Chefvolkswirt Jörg Zeuner verweist darauf, dass die verhaltene Ausgabefreude aktuell immerhin noch von Ersparnissen der Konsumenten aus der Pandemie gestützt werde: „Doch wenn der Pessimismus weiter wächst, dürfte auch das nicht mehr lange tragen.“ Unter den Verbrauchern steigt nach Angaben der GfK auch die Angst vor einer drohenden Rezession. Das Teilbarometer für die Konjunkturerwartungen gab im Juli gegenüber dem Vormonat 6,5 Punkte ab und sank auf minus 18,2 Punkte. Dies ist der niedrigste Wert seit April 2020, als Deutschland in den Corona-Lockdown geschickt wurde.
Konsumstimmung rauscht in den Keller – Inflation und Gaskrise belasten
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