Brüssel, 23. Jun (Reuters) – Die EU-Entscheidung über einen Kandidatenstatus für die Ukraine und Moldau hat sich am Donnerstag auf dem EU-Gipfel in Brüssel zunächst verzögert. Grund dafür sind laut mehreren EU-Diplomaten aber nicht Zweifel daran, dass das von Russland angegriffene osteuropäische Land den Status erhalten sollte. Vielmehr hätten einige Teilnehmer in der Debatte der 27 EU-Staats- und Regierungschefs die Frage gestellt, ob dann nicht auch etwa das Westbalkan-Land Bosnien-Herzegowina einen Kandidatenstatus erhalten sollte. Dies hatte etwa Ungarn vor dem Gipfel gefordert.
Der Grund ist eine etwas andere Systematik, die für beide Länder gelten würde. Die EU-Kommission hat etwa für Bosnien-Herzegowina Anforderungen formuliert, deren Erfüllung dann zum Kandidatenstatus führen würde. Im Falle der Ukraine könnte der Status aber vor der Erfüllung der Auflagen erteilt werden. Etliche EU-Regierungen, darunter die deutsche, hatten mehrfach davor gewarnt, dass die Solidarität mit der Ukraine nicht dazu führen dürfe, die sechs Westbalkan-Staaten Serbien, Montenegro, Albanien, Nordmazedonien, Kosovo und eben Bosnien-Herzegowina vor den Kopf zu stoßen. Diese warten seit Jahren darauf, dass sie näher an eine Aufnahme in die EU heranrücken können.
Während mit Serbien bereits über Beitrittskapitel verhandelt wird, haben Kosovo und Bosnien-Herzegowina nicht einmal einen Kandidatenstatus. Bei Nordmazedonien und Albanien blockiert derzeit Bulgarien die Aufnahme der Beitrittsverhandlungen.
EU-Kandidatenstatus für Ukraine löst Westbalkan-Debatte aus
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.