Frankfurt/Düsseldorf, 29. Apr (Reuters) – BASF-Chef Martin Brudermüller muss die Anleger beim geplanten Ausstieg aus der Mehrheitsbeteiligung am Öl- und Gasförderer Wintershall Dea einmal mehr vertrösten.
„BASF bleibt bei ihrer Entscheidung: Mit dem Zusammenschluss von Wintershall und Dea haben wir entschieden, uns aus dem Öl- und Gasgeschäft zurückzuziehen“, sagte der Manager am Freitag auf der virtuellen Hauptversammlung des Konzerns. Wintershall Dea, das fast die Hälfte seiner Produktion in Russland erzielt, sei zwar nicht von den Sanktionen im Zuge des Krieges in der Ukraine betroffen. Das Unternehmen besitzt aber Beteiligungen an Produktionsanlagen in dem Land. „Damit wird ein Börsengang derzeit schwierig“, räumte Brudermüller ein.
Finanzchef Hans-Ulrich Engel betonte allerdings auf die Frage nach einem Verkauf der Anteile: „Ich kann ihnen aber versichern, dass wir an der strategischen Umsetzung unser bereits 2017 getroffenen Entscheidung, uns aus dem Öl- und Gasgeschäft rauszubewegen, aktiv arbeiten.“ Details nannte er nicht. Der geplante Börsengang war bereits zweimal verschoben worden, zuletzt war er für die zweite Hälfte des vergangenen Jahres geplant. Im Juni hatten BASF und der Miteigentümer Letter One diesen aber wegen der damaligen Marktbedingungen auf Eis gelegt und erklärt, ein Börsengang werde erst nach 2021 angestrebt. Ein genauer Zeitpunkt war nicht mehr genannt worden.
DEKABANK FORDERT MEHR TEMPO BEI ABSCHIED VON WINTERSHALL DEA
Die Aktionäre werden derweil langsam ungeduldig. „BASF hat den Börsengang der Öl- und Gas-Tochter Wintershall mehrmals verschoben – mit heute ungewissem Ausgang, nachdem Wintershall wegen seiner Verbindungen zu Russland vor einer unsicheren Zukunft steht“, sagte die Spezialistin Nachhaltigkeit und Corporate Governance bei der DekaBank, Cornelia Zimmermann. „Das Management sollte Wege finden, sich möglichst bald von dem alten Zopf zu trennen.“
Wintershall-Dea-Chef Mario Mehren hatte am Donnerstag gesagt, sein Unternehmen sei technisch zwar bereit für eine Notierung am Aktienmarkt. „Aber wir leben gegenwärtig in sehr unsicheren Zeiten.“ Der Konzern entstand 2019 aus dem Zusammenschluss der BASF-Tochter Wintershall mit dem Rivalen Dea. BASF hält 67 Prozent der Stammaktien, die Investmentfirma Letter One des russischen Unternehmers Michail Fridman als ehemalige Dea-Eignerin 33 Prozent. Der Chemiekonzern hält zudem Vorzugsaktien, die am 1. Mai in Stammaktien umgewandelt werden, so dass sich daraus eine Gesamtbeteiligung an Wintershall Dea von 72,7 Prozent ergibt.
Zuletzt herrschte unter den Eignern Zwiespalt über den Börsengang. Letter One hatte diesen infrage gestellt und zu Jahresbeginn erklärt, dafür zumindest gegenwärtig nicht den passenden Zeitpunkt zu sehen. BASF hatte darauf Ende Februar erklärt, den Börsengang nötigenfalls auch mit rechtlichen Mitteln durchsetzen zu wollen und diesen so im Jahr 2023 gegebenenfalls einseitig zu verfolgen.
Trotz der wirtschaftlichen Folgen des Krieges in der Ukraine hält der Konzern an seinen Jahreszielen fest. Für 2022 rechnet BASF unverändert mit einem Umsatz zwischen 74 und 77 Milliarden Euro sowie einem bereinigten operativen Gewinn (Ebit) zwischen 6,6 und 7,2 Milliarden Euro. Im vergangenen Jahr war der Umsatz des weltgrößten Chemiekonzerns dank deutlich höherer Preise und Mengen noch um 33 Prozent auf 78,6 Milliarden Euro geklettert. Das bereinigte Ergebnis sprang auf 7,8 Milliarden Euro in die Höhe.
Das Marktumfeld bleibe von außergewöhnlich hoher Unsicherheit geprägt, warnte Brudermüller. Vor allem die weitere Entwicklung des Krieges in der Ukraine und ihre Auswirkungen auf die Preise und Verfügbarkeit von Energie und Rohstoffen seien nicht vorhersehbar. Finanzchef Engel zufolge hat BASF bislang die gestiegenen Preise weitgehend an die Kunden weiterreichen können. BASF sei sehr gut in das Jahr gestartet. Vorläufige Zahlen für das erste Quartal hatte der Konzern bereits Mitte April veröffentlicht.
Für BASF wird Abschied von Wintershall Dea zur Hängepartie
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