07. Mrz (Reuters) – Die Turbulenzen an den Ölmärkten gehen in eine neue Runde: Wegen der Invasion in die Ukraine werden die Rufe nach einem Verbot russischer Energielieferungen immer lauter. Bislang sind Öl- und Gas-Exporte von den direkten Sanktionen der westlichen Staaten gegen Russland ausgenommen. Sollte es allerdings dazu kommen, befürchten Experten eine Energiekrise in Europa. Denn andere Staaten könnten die Ausfälle nicht auffangen.
Nachfolgend eine Auswahl von Preis-Meilensteinen und Kursausschlägen:
Sommer 1988 – Der Terminkontrakt auf Brent, einem Rohöl-Mix aus mehreren Nordsee-Feldern, geht an den Start. Ein Barrel (159 Liter) kostet etwa 15 Dollar.
Juli bis Oktober 1990 – Der irakische Einmarsch ins benachbarte ölreiche Kuwait löst eine mehrmonatige Rally aus. Der Preis steigt wegen Spekulationen auf Lieferausfälle binnen weniger Wochen um mehr als 150 Prozent auf ein Rekordhoch von 40,95 Dollar. Allein am 8. August 1990 beläuft sich das Plus auf rund 14 Prozent.
17. Januar 1991 – Der Beginn der US-geführten Militäroperation „Desert Storm“ gegen die irakischen Truppen schürt Hoffnungen auf eine rasche Rückkehr kuwaitischen Öls auf den Weltmarkt. Brent verbucht mit einem Minus von fast 35 Prozent den größten Tagesverlust seiner Geschichte. Am Tag darauf geht es allerdings wieder 23 Prozent aufwärts.
11. Juli 2008 – Ein Wirtschaftsboom und die lockere Geldpolitik der US-Notenbank treibt den Brent-Preis auf ein Rekordhoch von 147,50 Dollar.
Anfang September 2008 – Die sich entfaltende Finanzkrise löst die längste Talfahrt der Brent-Geschichte aus. Der Preis geht 14 Tage in Folge zurück und verliert in diesem Zeitraum insgesamt fast 20 Prozent.
20. November 2008 – Brent ist erstmals seit 2005 wieder billiger als 50 Dollar. Wenige Wochen später ist das vorläufige Tief bei 36,20 Dollar erreicht. Im Vergleich zum Rekordhoch ist das ein Minus von mehr als 75 Prozent.
2009 bis 2012 – Befeuert von einer Flut billigen Notenbank-Geldes erholt sich die Weltwirtschaft und mit ihr der Ölpreis. Brent erreicht im März 2012 ein Hoch von 128,40 Dollar, bevor die europäischen Schuldenkrise eine neue Talfahrt auslöst. Sie wirft die Ölsorte auf bis zu 88,49 Dollar zurück.
14. Juli 2015 – Nach jahrelangen Verhandlungen gibt es eine Einigung im Atomstreit mit dem Iran. Die Islamische Republik soll ihre atomaren Aktivitäten begrenzen. Im Gegenzug hebt der Westen seine Sanktionen auf und ermöglicht die Rückkehr iranischen Öls auf den Weltmarkt. In den Monaten danach fällt der Preis für Brent um die Hälfte auf rund 50 Dollar. Verschärft wird die Talfahrt von einem Rekord-Anstieg der Fördermengen durch die Opec-Staaten, die sich auf keine Begrenzung der Quoten einigen können.
20. Januar 2016 – Die Internationale Energie-Agentur (IEA) warnt, die Ölmärkte könnten im Überangebot ertrinken. Der Kurs für Brent kommt erst knapp über der Marke von 27 Dollar zum Stehen.
30. November 2016 – Erstmals seit 2008 ringt sich die Opec zu Förderkürzungen durch und holt dafür andere Exporteure wie Russland an Bord. Noch am selben Tag verteuert sich das Nordseeöl um fast zehn Prozent auf deutlich über 50 Dollar. Am Ende des Jahres kostet ein Barrel mit mehr als 53 Dollar 45 Prozent mehr als Ende 2015. In den folgenden Jahren verlängert die „Opec+“ ihre Fördermenge mehrfach.
08. Mai 2018 – US-Präsident Donald Trump kündigt das Atom-Abkommen mit Iran auf und verhängt neue Sanktionen gegen das Land. Dadurch könnten Öl-Lieferungen im Volumen von mehreren Hunderttausend Barrel pro Tag dem Weltmarkt entzogen werden. Durch die weiter bestehende Förderbremse der Opec und ihrer Verbündeten deckt das Angebot die Nachfrage nicht mehr. In den darauffolgenden Monaten steigt der Brent-Preis um etwa 14 Prozent auf knapp 87 Dollar.
März und April 2020 – Der Ausbruch der Coronavirus-Pandemie läutet für die Nordsee-Ölsorte die turbulenteste Phase ihrer Geschichte ein. Sieben der zehn größten Kursstürze und acht der zehn größten Kurssprünge fallen in diesen Zeitraum. Verschärft wird die Krise durch einen Preiskrieg der beiden großen Förderländer Saudi-Arabien und Russland, die den Ölhahn bis zum Anschlag aufdrehen.
20. April 2020 – Weltweite Lockdowns lassen die Ölnachfrage einbrechen. Der Preis für die US-Ölsorte WTI stürzt um 320 Prozent ab und fällt auf ein Rekordtief von minus 40,32 Dollar je Barrel. Weil Lagerkapazitäten wegen der mangelnden Nachfrage rar sind, zahlen Investoren erstmals Geld, wenn ihnen jemand das „schwarze Gold“ abnimmt. Diesem Sog kann sich Brent nicht entziehen, obwohl sein Future – anders als bei WTI – bei Ende der Laufzeit nicht zur physischen Abnahme der entsprechenden Menge Rohöl verpflichtet. Brent markiert am 22. April mit 15,98 Dollar ein 21-Jahres-Tief.
Mai 2020 bis Oktober 2021 – Dank einer Erholung der Weltwirtschaft steigt der Ölpreis kontinuierlich. Im Dezember hat Brent seine Verluste seit dem Corona-Crash vom März wieder aufgeholt. Obwohl die Opec+ die Förderquoten kontinuierlich erhöht, hält das Angebot mit der Nachfrage nicht Schritt. Am 25. Oktober markiert das Nordsee-Öl ein Drei-Jahres-Hoch bei 86,70 Dollar.
Ende November bis Anfang Dezember 2021 – Das Auftauchen der Omikron-Variante des Coronavirus brockt Brent binnen weniger Tage einen Kursrutsch von insgesamt rund 20 Prozent ein. Bis zum Jahresbeginn 2022 sind die Verluste wieder aufgeholt.
24. Februar 2022 – Der Beginn der russischen Invasion in die Ukraine löst ein weltweites Börsenbeben aus. Die Furcht vor Lieferausfällen treibt den Brent erstmals seit September 2014 wieder über die Marke von 100 Dollar.
07. März 2022 – Die Diskussion um einen Bann russischer Energielieferungen löst erneute Panikkäufe aus. Der Brent-Preis steigt um bis zu 17,8 Prozent auf ein 13-1/2-Jahres-Hoch von 139,13 Dollar. Das ist der größte Kurssprung seit zwei Jahren. Bis zum Rekordhoch vom Juli 2008 fehlen weniger als zehn Dollar.
Das Auf und Ab des Preises für Brent-Öl
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