Frankfurt, 20. Mai (Reuters) – In der Hoffnung auf Rückenwind für die Konjunktur des wichtigen Handelspartners China kehren Anleger an die europäischen Börsen zurück.
„Offenbar begeben sich einige Investoren auf Schnäppchenjagd, denn einige Aktien erscheinen derzeit sehr günstig“, sagte Nathan Sweeney, Vize-Chefanleger beim Vermögensverwalter Marlborough. Dax und EuroStoxx50 stiegen am Freitag um jeweils knapp zwei Prozent auf 14.151 beziehungsweise 3707 Punkte.
Mut machte Investoren die deutliche Senkung eines chinesischen Referenzzinses für Hypothekenkredite. „Das gibt der Wirtschaft frischen Schwung“, prognostizierte Analyst Pierre Veyret vom Brokerhaus ActivTrades. „Es hilft kleineren Unternehmen und federt die negativen Auswirkungen der Lockdowns auf die weltweit zweitgrößte Volkswirtschaft ab.“
In Erwartung einer wieder anziehenden Nachfrage des Top-Abnehmers China deckten sich Investoren auch wieder mit Rohstoffen ein. Das Industriemetall KupferCMCU3 verteuerte sich um 0,5 Prozent auf 9457 Dollar je Tonne und die Rohöl-Sorte BrentLCOc1 aus der Nordsee um 0,6 Prozent auf 112,76 Dollar je Barrel (159 Liter).
ZINSSENKUNGEN HIER – ZINSERHÖHUNGEN DORT
In Europa stehen die Zeichen dagegen auf steigende Zinsen. Die Kurse an den Geldmärkten signalisieren, dass Anleger die Wahrscheinlichkeit einer Zinserhöhung der Europäischen Zentralbank (EZB) im Juli um einen halben Prozentpunkt auf mehr als 50 Prozent taxieren. Dies hatte der niederländische Zentralbankchef Klaas Knot ins Gespräch gebracht.
„Selbst wenn Knots Standpunkt eine Minderheitsmeinung ist, können wir davon ausgehen, das eine Anhebung um einen Viertel Prozentpunkt das Minimum sein wird“, sagte Anlagestratege Antoine Bouvet von der ING Bank.
Bestätigt sehen sich die Verfechter einer strafferen Geldpolitik von der anhaltenden Teuerung. So stiegen die Preise für gewerbliche Produkte in Deutschland im April um 33,5 Prozent zum Vorjahreszeitraum, so stark wie noch nie.
„Das ist kein Tippfehler“, sagte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com. Es sei bislang nicht zu erkennen, dass die Inflation ihren Höhepunkt überschritten habe. „Die Kopfschmerzen der EZB verschlimmern sich.“
LUXUSWERTE NACH RICHEMONT-ZAHLEN UNTER DRUCK
Gegen den Trend am Aktienmarkt warfen Investoren Papiere von Luxusgüter-Herstellern aus ihren Depots. Auslöser der Verkaufswelle war die Warnung von RichemontCFR.S vor einer schleppenden Erholung des wichtigen China-Geschäfts.
Außerdem sei der operative Gewinn im abgelaufenen Quartal deutlich hinter den Erwartungen zurückgeblieben, monierte Analyst Flavio Cereda von der Investmentbank Jefferies. Enttäuschend sei ebenfalls, dass es noch keine Neuigkeiten zum geplanten Teilausstieg aus dem Verluste schreibenden Onlinehändler Yoox-Net-a-Porter (YNAP) gebe. Richemont-Titel steuerten mit einem Minus von zeitweise 14 Prozent auf den größten Tagesverlust seit siebeneinhalb Jahren zu. In ihrem Sog büßten Rivalen wie LVMH, Hermes oder Hugo Boss bis zu 1,7 Prozent ein.
Aufwärts ging es dagegen für die Aktien von Borussia Dortmund (BVB), die sich um 4,5 Prozent verteuerten. Der Fußball-Bundesligist trennt sich nach nur einer Saison von Trainer Marco Rose. Medienberichten zufolge soll ihn sein Vorgänger Edin Terzic ersetzen.
Zinssenkung in China gibt Europas Börsen Auftrieb
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