Frankfurt, 28. Okt – Die Warnung von Amazon vor einem enttäuschenden Weihnachtsgeschäft macht Anleger nervös. Dank der überraschend guten Kauflaune der US-Verbraucher und der Hoffnung auf behutsamere Zinserhöhungen der Notenbanken hielten sich Dax und EuroStoxx50 am Freitag allerdings knapp im Plus. Die beiden Indizes notierten am Abend jeweils 0,2 Prozent höher bei 13.243,33 beziehungsweise 3611,65 Punkten. Der US-Standardwerteindex Dow Jones legte zwei Prozent zu.
Investoren interpretierten die jüngsten Aussagen der Europäischen Zentralbank (EZB) als Zeichen für eine nahende Entspannung in der Geldpolitik, schrieben die Analysten des Research-Hauses BCA. Eine langsamere Straffung sei wegen der schwachen Konjunktur auch geboten. Auf entsprechende Signale würden Börsianer auch die Äußerungen des US-Notenbankchefs Jerome Powell in der kommenden Woche abklopfen, ergänzten die Kollegen von der Bank Societe Generale.
INFLATION STEIGT WEITER – ANLEIHEN UNTER DRUCK
Gegen diese Erwartung sprach allerdings der anhaltende Teuerungsdruck. Die Inflation in Deutschland stieg im Oktober überraschend stark auf 10,4 Prozent, den höchsten Stand seit 1951. „Weil die Unternehmen den Kostenschock noch nicht vollständig an die Konsumenten weitergegeben haben, dürfte bei der Inflation in den kommenden Monaten weiter eine zehn vor dem Komma stehen“, prognostizierte Jörg Krämer, Chef-Volkswirt der Commerzbank. „Die EZB bleibt unter Druck, ihre Zinsen weiter entschieden anzuheben.“ Daher trennten sich Anleger von bereits gehandelten, niedriger verzinsten Staatsanleihen. Dies trieb die Rendite der zehnjährigen Bundestitel auf 2,096 Prozent.
Unverändert robust präsentiert sich die US-Wirtschaft. Die Konsumausgaben stiegen dort im September um überraschend starke 0,6 Prozent, während der Preisauftrieb geringer ausfiel als gedacht. Dies verringert den Druck auf die Fed, an ihrem strammen Zinserhöhungskurs festzuhalten. Die Kauflaune der US-Verbraucher gilt als Hauptstütze der weltgrößten Volkswirtschaft.
AMAZON AUF TALFAHRT – APPLE UND T-MOBILE IM AUFWIND
An der Wall Street brachen Amazon-Aktien zeitweise zwölf Prozent ein und waren mit 97,66 Dollar so billig wie zuletzt vor zweieinhalb Jahren. „Wir können aus den Zahlen herauslesen, dass die Verbraucher weltweit in keiner guten Verfassung sind“, sagte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. „Die Amazon-Ergebnisse lassen die Rezessionsglocken schrillen.“
Apple-Papieren winkte dagegen mit einem Plus von bis zu 8,1 Prozent der größte Tagesgewinn seit gut zwei Jahren, obwohl der iPhone-Hersteller vor einem Umsatzrückgang gewarnt hatte. Anleger konzentrieren sich stattdessen auf das besser als erwartet ausgefallene Quartalsergebnis. „Apple ist nicht wie die übrigen Technologiefirmen gestrauchelt und zeigt, wie es gehen kann“, sagt Analyst Ben Barringer vom Vermögensverwalter Quilter Cheviot. Auch wenn im laufenden Quartal eine Abkühlung zu erwarten sei, schlage sich das Unternehmen besser als die Konkurrenz.
Gefragt waren auch die Papiere von T-Mobile, die um bis zu acht Prozent auf ein Rekordhoch von 151,93 Dollar stiegen. Der US-Mobilfunker blickt nach einem überraschend deutlichen Kundenzuwachs optimistischer in die Zukunft. Außerdem habe die Tochter der Deutschen Telekom ein solides Quartalsergebnis vorgelegt, lobte Analyst Gregory Williams vom Vermögensverwalter Cowen. Telekom-Titel gewannen 3,4 Prozent.
Außerdem stand Volkswagen im Rampenlicht. Der Autobauer musste unter anderem wegen milliardenschwerer Abschreibungen für das Start-Up Argo AI, ein Spezialist für Roboterautos, einen Gewinneinbruch hinnehmen. Außerdem schraubte der Wolfsburger Konzern seine Absatzziele herunter. VW-Papiere verbilligten sich um knapp zwei Prozent.
Zinshoffnung stützt Dax – Amazon-Ausblick verunsichert
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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