Freitag, November 8, 2024
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Pflicht zur Zeiterfassung

Im September gab es in Erfurt einen Paukenschlag. Zur Überraschung vieler urteilte das Bundesarbeitsgericht (BAG) in der höchsten Instanz, dass Arbeitgebende bereits jetzt dazu verpflichtet sind, die Arbeitszeiten aller Arbeitnehmenden systematisch zu erfassen. Dennoch herrscht derzeit noch Unklarheit darüber, was dies in der Praxis bedeutet. Denn ein entsprechender Gesetzesentwurf fehlt derzeit noch. 

Was bedeutet das sogenannte Stechuhr-Urteil für Unternehmen konkret und was muss beachtet werden, um nicht plötzlich von einer gesetzlichen Verankerung überrascht zu werden? 

Die Zeiterfassungspflicht besteht schon jetzt

Dass die Pflicht zur Arbeitszeiterfassung über kurz oder lang eingeführt werden wird, ist nicht verwunderlich. Bereits 2019 entschied der Europäische Gerichtshof (EuGH) im sogenannten „Stechuhr-Urteil“, dass alle EU-Mitgliedstaaten Unternehmen zur Einführung von objektiven, zugänglichen und verlässlichen Arbeitszeiterfassungssystemen verpflichten müssen. 

Im Gegensatz zu Ländern wie Spanien, Österreich und der Schweiz wurde die Entscheidung in Deutschland bis dato jedoch nicht im Gesetz verankert. Die Folge: Laut dem Statistischen Bundesamt haben im letzten Jahr ganze 4,5 Millionen Beschäftigte hierzulande Mehrarbeit geleistet. Doch nur etwas weniger als ein Fünftel davon wurden dafür entlohnt. Das soll sich künftig ändern. Denn das BAG bestätigte im September auch ohne gesetzliche Ausgestaltung durch die Regierung, die sofortige Gültigkeit dieser Pflicht in Deutschland.

Baustelle lückenlose Zeiterfassung

Obwohl das Urteil bisher noch nicht in ein Gesetz umgewandelt worden ist, ist es ratsam, sich bereits jetzt nach einer passenden Lösung zur Arbeitszeiterfassung umzuschauen. Schließlich stellen Unternehmen so proaktiv sicher, dass sie dem Gesetzgeber einem Schritt voraus sind und vermeiden etwaige Bußgelder. Für das erfolgreich Gelingen sind insbesondere die folgenden drei Punkte wichtig. 

Mehr Transparenz statt Kontrolle

Die Idee hinter der Pflicht ist nicht etwa die Ausübung von mehr Kontrolle oder das Ende von New-Work-Initiativen wie der Vertrauensarbeitszeit. Vielmehr soll die systematische Zeiterfassung Arbeitnehmervertretungen helfen, die Einhaltung des Arbeitszeitgesetzes zu kontrollieren. So sollen übermäßige Überstunden künftig verhindert und gesetzliche Höchstgrenzen besser eingehalten werden. 

Dabei bedeutet dies nicht, das Unternehmen direkt eine aufwendige und kostenintensive On-Premise-Lösung einführen müssen. Auch digitale Stempeluhren via App tragen zu einer gesteigerten Transparenz bei, ohne dass die Unternehmen aufwendige neue Prozesse einführen und Flexibilität im Planungsprozess verlieren müssen. Das hat zahlreiche Vorteile. So sind digitale Tools zum einen durch eine automatisierte Datenübermittlung und Geofencing-Funktionen weniger fehleranfällig als ihre manuellen Pendants. Zum anderen können Mitarbeitenden selbstständig per App oder stationär ein- und ausstempeln. Das sorgt für eine zufriedenere und motiviertere Belegschaft. 

Zeiterfassung ja – doch wie?

Nach der Bekanntgabe des Grundsatzurteils befürchteten viele, dass die klassische Stechuhr in Deutschland erneut Einzug hält. Doch das ist nicht mehr zwingend der Fall. Immerhin gibt es heutzutage eine ganze Reihe von Lösungen für die Arbeitszeiterfassung. Ob mit Papier und Stift, in Excel oder mit einer Softwarelösung. Aller Wahrscheinlichkeit werden alle Systeme möglich sein – solange sie den Anforderungen des Europäischen Gerichtshof entsprechen: 

  • Objektiv: Das System macht es dem Mitarbeitenden möglich, die geleistete Arbeitszeit mithilfe der Aufzeichnung objektiv nachzuverfolgen.
  • Verlässlich: Die Dokumentation der Arbeitszeit erfolgt zuverlässig und etwaige Manipulation ist ausgeschlossen. 
  • Zugänglich: Die Mitarbeitenden haben die Möglichkeit, die Dokumentation jeder Zeit einzusehen und wenn nötig als Beweismittel zu nutzen. 

Insbesondere digitale Lösungen ermöglichen Unternehmen, die Anforderungen des EuGH unkompliziert einzuhalten, ohne dabei erheblichen administrativen Mehraufwand zu riskieren. Schließlich automatisieren solche Tools den Zeiterfassungsprozess weitestgehend.

Wer muss jetzt handeln?

In Vergangenheit war es in Deutschland lediglich gesetzlich verpflichtend, Mehrarbeit und Sonn- oder Feiertagsarbeit zu dokumentieren. Aus der Rechtsprechung geht nun jedoch hervor, dass ab sofort die gesamte Arbeitszeit erfasst werden muss. In Folge sollten sich vor allem Betriebe ohne Zeiterfassungssystem nach einer passenden Lösung umschauen, um etwaige Bußgelder zu vermeiden. 

Doch auch für Unternehmen, die bereits über ein Zeiterfassungssystem verfügen, ist es ratsam, dieses auf Aktualität zu prüfen und proaktiv sicherzustellen, dass Objektivität, Verlässlichkeit und Zugänglichkeit gegeben sind. So kann sichergestellt werden, dass zum Zeitpunkt der gesetzlichen Verankerung eine rechtskonforme Lösung implementiert ist.

Dem Gesetzgeber einen Schritt voraus

Obwohl die Regierung in nächster Zeit noch viele Fragen abschließend klären muss, ist Arbeitszeiterfassung in Deutschland schon jetzt Pflicht. Folglich ist es ratsam, proaktiv zu handeln und dem Gesetzgeber mit der Systemauswahl einen Schritt voraus zu sein. Dabei ist es nicht zwingend nötig, direkt eine komplexe und aufwendige Insellösung einführen. Meist reicht ein smartes Add-on mit passenden Integrationsmöglichkeiten, um die rechtlichen Vorgaben zu erfüllen.

Pflicht zur Zeiterfassung: Diese 3 Dinge müssen Unternehmen beachten

Autor

Stevie Grünewald ist Implementation Specialist bei tamigo, einer cloudbasierten Workforce Management Software für Retail und Hospitality-Unternehmen. Sie unterstützt Unternehmensketten in ganz Europa dabei, ihre Arbeitsweisen zu modernisieren und personalbezogenen Abläufe effizienter, flexibler sowie transparenter zu gestalten.

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