Sonntag, Mai 5, 2024
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Wirtschaftsprüfer EY stoppt Aufspaltungspläne

Bangalore/München, 12. Apr – Die Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft EY legt ihre geplante Aufspaltung auf Eis. Grund ist der Widerstand der Partner – also der Führungskräfte und Miteigentümer – in den USA, wie aus einem Reuters vorliegenden Brief an die Mitarbeiter vom Dienstagabend hervorgeht. „Angesichts der strategischen Bedeutung unseres Mitgliedsunternehmens in den USA für ‚Project Everest‘ beenden wir die Arbeit an dem Projekt“, heißt es in dem Brief des 18-köpfigen weltweiten Führungsgremiums. In den USA erwirtschaftet EY 40 Prozent der weltweiten Erlöse. Eigentlich sollten die 13.000 EY-Partner im April über die Abspaltung des lukrativen Beratungsgeschäfts abstimmen. Es sollte anschließend an die Börse gebracht werden.

Zuerst hatte die „Financial Times“ über die Aufgabe des Plans berichtet. Noch im Februar hatte sich Marie-Laure Delarue, ein Mitglied der Unternehmensführung, zuversichtlich gezeigt: Zu dem nach dem höchsten Berg der Welt benannten „Project Everest“ sei „riesige Zustimmung“ zu erwarten, sagte sie der Nachrichtenagentur Reuters. Doch intern rumorte es schon länger. Strittig war vor allem, welcher Teil des Geschäfts mit der Steuerberatung bei EY bleiben sollte. Diese ist sowohl für die Abschlussprüfung als auch für die Unternehmensberatung und die Gestaltung von Firmenübernahmen wichtig. Die Abschlussprüfung bringt deutlich weniger Geld, hilft aber bei der Anbahnung von Beratungsmandaten. 

Mit der im September angekündigten Abspaltung wollte EY den Forderungen vieler Aufsichtsbehörden entgegenkommen, von denen immer mehr Interessenkonflikte fürchten, wenn Wirtschaftsprüfer die von ihnen geprüften Unternehmen zugleich etwa bei Übernahmen oder Umstrukturierungen beraten. Die Partner, die an EY beteiligt sind, sollten für die Abtrennung mit Millionensummen entschädigt werden. Formal sind die Landesgesellschaften von EY selbstständig.

EY gehört mit seinen 365.000 Mitarbeitern und einem Umsatz von 45,4 Milliarden Dollar im Geschäftsjahr 2021/22 neben KPMG, Deloitte und PwC (Pricewaterhousecoopers) zu den „Big Four“ der Wirtschaftsprüfungsgesellschaften. Diese teilen sich die Prüfung großer, internationaler Unternehmen seit dem Aus von Arthur Andersen nach dem Enron-Skandal vor mehr als 20 Jahren nahezu vollständig. Die Rivalen wollen dem Vorbild von EY aber nicht folgen.

INSIDER: NEUER ANLAUF FRÜHESTENS IN EINEINHALB JAHREN

In Medienberichten wird nun über personelle Konsequenzen an der EY-Spitze spekuliert. Vor allem Welt-Chef Carmine Di Sibio, der selbst aus der US-Organisation stammt, hatte die Aufspaltung vorangetrieben und wird nun für das Scheitern verantwortlich gemacht. „Die globale Unternehmensführung bleibt ihrem Vorhaben verpflichtet, zwei Organisationen auf Weltniveau zu schaffen, die die Qualität der Bilanzprüfung, die Unabhängigkeit und die Wahlmöglichkeiten der Kunden weiter verbessern“, heißt es in dem Brief. Man werde aber Lehren aus den Erfahrungen ziehen.

„Der Geist ist aus der Flasche“, sagte ein Insider am Mittwoch zu Reuters. Grundsätzlich seien die meisten Partner für die Aufspaltung und hielten daran fest. Ohne einen Neuanfang an der Spitze sei ein neuer Anlauf aber nicht denkbar. Frühestens Ende kommenden Jahres könnte ein neuer Versuch gestartet werden.

Wirtschaftsprüfer EY stoppt Aufspaltungspläne

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von aymane jdidi auf Pixabay

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