Berlin, 27. Okt – Wirtschaft, Ökonomen und Bankenverbände begrüßen die kräftige Zinserhöhung durch die Europäische Zentralbank (EZB) und fordern ungeachtet der heraufziehenden Rezession weitere Schritte. „Die EZB kann mit ihrem Handeln zwar nicht die importierten Inflationstreiber in Form der dramatisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise komplett einfangen“, sagte der Außenwirtschaftschef des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK), Volker Treier, am Donnerstag.
„Jedoch würde ohne Zinsanhebung der Euro gegenüber dem Dollar noch schwächer werden.“ Dann würde importierte Energie sogar noch teurer werden als ohnehin schon. Für Unternehmen seien nicht nur hohe Zinsen, sondern auch unsichere Rahmenbedingungen wie hohe Inflationsraten Gift. „Daher sollte die Geldpolitik den neuen Kurs beibehalten“, sagte Treier, nachdem die EZB ihren Leitzins erneut kräftig von 1,25 auf 2,0 Prozent angehoben hatte.
„Das ist nötig, denn die Inflation im Euroraum erweist sich als immer hartnäckiger“, sagte die Stellvertreterin des Hauptgeschäftsführers des Bankenverbandes, Henriette Peucker. Die Zinsschritte seien das wichtigste Instrument der EZB, um gegen die aktuelle Inflationsdynamik anzugehen. „Zudem werden sich auch die wirtschaftlichen Perspektiven im Euroraum ohne eine Trendwende bei der Inflation nicht aufhellen“, sagte sie.
Ökonomen äußerten auch Kritik, dass die EZB nicht schon so früh wie etwa die US-Notenbank mit der Straffung ihrer Geldpolitik begonnen habe. „Die EZB hat im Vergleich zur Fed den rechtzeitigen Start bei der Zinswende verpasst“, sagte Ökonom Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) in Mannheim. „Daher muss sie angesichts der Rekord-Inflation jetzt besonders schnell aus dem Terrain unangemessen niedriger Leitzinsen heraus.“ Die Rekordteuerung von aktuell 9,9 Prozent und noch mehr die gestiegenen Inflationserwartungen würden für Zinsanhebungen auf Werte in Richtung von vier Prozent im kommenden Jahr sprechen.
Das sieht auch Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer so. „Die EZB sollte ihre Leitzinsen in den kommenden Monaten weiter entschieden anheben und sich nicht von der anbahnenden Rezession irritieren lassen“, sagte er. Ein EZB-Einlagensatz in der Größenordnung von vier Prozent sei notwendig. „Andernfalls legen die zuletzt massiv gestiegenen Inflationserwartungen der Bürger weiter zu, und die hohe Inflation setzt sich dauerhaft fest“, sagte Krämer.
Wirtschaft begrüßt EZB-Zinsanhebung – „Von Rezession nicht beirren lassen“
Quelle: Reuters
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