Wien, 30. Aug – Österreichs größter regionaler Energieversorger, Wien Energie, braucht wegen der Turbulenzen an den Energiemärkten vom Bund ein Hilfspaket in Milliardenhöhe. Vorwürfe der Spekulation wurden vom Unternehmen und dessen Eigentümer, der Stadt Wien, am Dienstag zurückgewiesen. „Es gibt keine Spekulation bei der Wien Energie“, sagte Aufsichtsratchef Peter Weinelt. Dass man nun vom Bund über die Bundesfinanzierungsagentur einen Kredit beantragt habe, um eventuell kurzfristig notwendige Kautionszahlungen an den Strombörsen finanzieren zu können, sei kein ungewöhnlicher Vorgang, sagte der Wiener Bürgermeister Michael Ludwig (SPÖ). Es handele sich lediglich um eine Überbrückung, die Gelder würden auch wieder zurückbezahlt. Darüber hinaus betonte er, dass die Versorgungssicherheit der Wiener Bevölkerung zu keinem Zeitpunkt gefährdet gewesen sei.
Externe Gutachter sollen nun eine Sonderprüfung durchführen. „Es gibt nichts zu verbergen, keine Geheimnisse, keine Intransparenz“, so Ludwig.
Wien Energie, die im Eigentum der Stadt Wien steht, versorgt zwei Millionen Privathaushalte und 230.000 Gewerbebetriebe. Am Wochenende wurde bekannt, dass die Firma vom Bund finanzielle Hilfe in Milliardenhöhe braucht, um weiter an der Börse Strom einkaufen zu können. Laut dem Finanzministerium in Wien hat das Unternehmen den Bedarf mit sechs Milliarden Euro beziffert. Bei Nichtzahlung müsste die Wien Energie Geschäfte rückabwickeln, was die Energielieferverträge der zwei Millionen Kunden gefährden würde. In Medienberichte wurde daraufhin über ein drohendes Blackout in Wien spekuliert.
Nach Angaben von Wien Energie werden die Gelder benötigt, um zukünftige Lieferverträge (Futures) für den Bezug von Strom an den internationalen Energiebörsen zu sichern. Diese Kautionen seien mit dem Strompreis stark gestiegen. Bereits Mitte Juli sei die Stadt Wien mit einem Darlehen in Höhe von 700 Millionen Euro eingesprungen, sagte Ludwig. Am Montag folgten weitere 700 Millionen Euro. Die Opposition in Wien kritisiert, dass die Öffentlichkeit nicht darüber informiert wurde.
NOTWENDIGKEIT FÜR HILFEN VIELLEICHT AM MITTWOCH
Wann genau wieviel Geld tatsächlich benötigt wird, ist noch unklar. Anfangs standen laut Finanzminister Magnus Brunner (ÖVP) Soforthilfen von zwei Milliarden Euro im Raum und sechs Milliarden Euro an Hilfen insgesamt. Später wurde erklärt, dass zunächst keine Gelder fließen müssen. „Wir wurden am Vormittag von Finanzstadtrat Peter Hanke informiert, dass es heute keine Notwendigkeit gibt, aber es könnte sein, dass es morgen soweit ist“, sagte Brunner. Der Bund sei bereit zu helfen und verfüge über die notwendigen Instrumente. Es müssten aber noch Details verhandelt werden. Vor allem gilt es zu klären, ob Wien Energie Spekulationsgeschäfte betrieben hat und damit den Versorger von Österreichs Hauptstadt in die Bredouille gebracht hat. „Wir haben unsere Position klar gemacht, dass es Aufklärung bedarf, was hier vorgefallen ist. Vor allem auch die im Raum stehenden Spekulationen“, sagte Brunner. Man sei aber auf gutem Weg eine Lösung mit der Stadt Wien zu finden.
Die massiv gestiegenen Strompreise machen Energiefirmen in ganz Europa schwer zu schaffen. Andere österreichische Versorger würden aber keine Unterstützung benötigen, sagte Energieministerin Leonore Gewessler (Grüne). Der Verbund-Konzern wies Gerüchte über Liquiditätsprobleme zurück. Branchenvertreter und die Stadt Wien fordern dennoch einen Rettungsschirm für alle Versorger, wie ihn etwa Deutschland gespannt hat. Laut Brunner würde dieses Instrument im Fall der Stadt Wien nichts bringen. „Der Vergleich hinkt“, sagte der Minister, denn spekulative Geschäfte wären auch in Deutschland nicht abgedeckt.
Wiener Energieversorger braucht Milliarden-Hilfen vom Staat
Quelle: Reuters
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