Freitag, November 15, 2024
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Vor dem MPC-Meeting der Bank of England: „Die Unsicherheiten sind in allen Fronten groß“

Die bevorstehende Sitzung des Geldpolitischen Ausschusses (MPC) der Bank of England am kommenden Donnerstag kommentieren diese drei Experten:

  1. Katharine Neiss, Europäische Chefvolkswirtin bei PGIM Fixed Income: „Angebotsschocks können durch keine Änderung des Leitzinses rückgängig gemacht werden“

„Großbritannien erlebt derzeit die Kombination der gravierendsten Inflationstreiber des Euroraum und der USA: Die Inflation wird durch Energiepreisschocks in die Höhe getrieben, und das vor dem Hintergrund eines überhitzten Arbeitsmarktes.  Es überrascht nicht, dass das die BOE extrem nervös ist.  Es wird erwartet, dass die Zentralbank auf ihrer nächsten Sitzung eine Zinserhöhung vornehmen wird, wobei es überzeugende Argumente für eine Anhebung um 25 oder 50 Basispunkte gibt. 

In jedem Fall wird der Leitzins auf den höchsten Stand seit über zehn Jahren steigen und eine notwendige Voraussetzung dafür sein, dass die Zentralbank mit dem aktiven Verkauf britischer Staatsanleihen beginnt, um ihre Bilanz zu verkleinern.  Unserer Ansicht nach sind 25 Basispunkte das wahrscheinlichere Ergebnis, da die Zentralbank abwartet, wie sich ihre frühere präventive Straffung sowie der starke Anstieg der Energiepreise auf die Realwirtschaft auswirken.  Die geldpolitische Entscheidung sollte von einem milderen Ton begleitet werden, der die erhöhte Unsicherheit widerspiegelt, da die Spannungen im Zusammenhang mit dem Russland-Ukraine-Konflikt, einschließlich der Aussicht auf weitere Sanktionen seitens des Euroraums, zunehmen.

Die Möglichkeiten der Zentralbank sind jedoch begrenzt.  Großbritannien wurde von einer Reihe negativer Angebotsschocks getroffen: Brexit, Pandemie und nun ein Terms-of-Trade-Schock aufgrund der höheren Energiepreise.  Diese Schocks können durch keine Änderung des Leitzinses rückgängig gemacht werden.  Die Finanzpolitik muss im Vordergrund stehen und die Hauptarbeit leisten, um einen ausgleichenden positiven Angebotsschock zu erzeugen.  Großbritannien sticht jedoch unter seinen Nachbarn durch fiskalische Sparmaßnahmen in dieser fragilen Zeit hervor. 

Das erhöht den Druck auf die Zentralbank.  Allerdings ist eine akkommodierende Geldpolitik ein schlechter Ersatz für die fehlende fiskalische Unterstützung der angespannten Haushalte und Unternehmen, so dass wir letztlich davon ausgehen, dass die Zinserhöhungen auf ein Niveau von knapp über 1 % begrenzt sein werden.“

EZB Bank of England
Foto von Katharine Neiss (Quelle: PGIM Fixed Income)
  1. James Lynch, Fixed Income Manager bei Aegon Asset Management: „Die Zeit für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten ist bereits überschritten“

„Am Donnerstag findet eine weitere  „reale“ Sitzung der Bank of England (BoE) statt.  Wir erwarten eine Erhöhung des Leitzinses um 25 Basispunkte auf 1 %. Der Markt rechnet mit einer Erhöhung um 30 Basispunkte, was das Risiko einer Erhöhung um 50 Basispunkte berücksichtigt. Ein Zinsschritt, mit der sich die US-Notenbank inzwischen anscheinend wohl fühlt. Die Zeit für einen Zinsschritt von 50 Basispunkten ist aus unserer Sicht jedoch bereits überschritten. Großbritannien befindet sich seit fünf Monaten im Zinserhöhungszyklus. Die Mitglieder des MPC, die diesen Schritt im Februar befürworteten, waren generell der Ansicht, dass es eher darum geht, den Endpunkt schneller zu erreichen, als darum, wo die einzelnen Zinssätze letztendlich landen.

So sehr ich mir auch mehr Klarheit darüber wünschen würde, wo die 9 Mitglieder des MPC den Leitzins am Ende sehen, glaube ich nicht, dass wir diese Klarheit bekommen werden. Die Unsicherheiten sind an allen Fronten groß. Was das Wachstum betrifft, so hat Großbritannien im Jahr 2022 mit erheblichem Gegenwind zu kämpfen. Wir haben den Anstieg der Steuern, der Energierechnungen und der allgemeinen Lebenshaltungskosten als Belastung für die Haushalte. So sehen wir einen Rückgang des Verbrauchervertrauens, und das Beschäftigungswachstum beginnt sich zu verlangsamen. Vermutlich werden die Währungshüter auch das Risiko einer europäischen Konjunkturabschwächung aufgrund eines möglichen Embargos gegen russische Energie betonen. Was die Inflation betrifft, ist sich die BoE nicht sicher, wie umfangreich die Folgewirkungen sein werden und inwieweit sie sich in den künftigen Inflationserwartungen niederschlagen und die Lohnerwartungen erhöhen werden – dies würde eine aggressivere Zinserhöhung erfordern.

Es ist eine Abwägung der MPC-Mitglieder, und ich vermute, dass die Entscheidung nicht einstimmig sein wird, was nicht gerade zu mehr Klarheit beitragen wird.“

Großbritannien Bank of England
Foto von James Lynch (Quelle: Aegon AM)
  1. Andy Burgess, Spezialist für festverzinsliche Anlagen bei Insight Investment: „Die Markterwartung regelmäßig steigender Zinsen steht im Widerspruch zur Position der Bank of England“

«Die Sitzung des Geldpolitischen Ausschusses (MPC) am Donnerstag findet vor einem Hintergrund statt, in dem die Märkte einen zunehmend aggressiven globalen Straffungszyklus eingepreist haben. Die Erwartung des Marktes, dass die Zinssätze deutlich und regelmäßig angehoben werden, steht eindeutig im Widerspruch zu der erklärten Position des MPC, dass der derzeitige Inflationsdruck das Wachstum dämpfen und den Inflationsdruck mittelfristig verringern wird.  

Eine Schlüsselfrage für die Märkte bleibt, ob die BoE ihren im Vergleich zu anderen Zentralbanken weniger aggressiven Kurs beibehalten kann, und die Zusammensetzung einer etwaigen Abstimmung wird Aufschluss über die Positionen der Mitglieder des MPC geben.  Sollte das MPC, wie wir erwarten, für eine Anhebung der Leitzinsen auf 1,0 % stimmen, könnten wir auch Klarheit darüber erhalten, wie die Bank ihre Bestände an britischen Staatsanleihen einschätzt und ob sie zu einer quantitativen Straffung übergehen und ihre Bestände verkaufen wird.»

EZB Bank of England
Foto von Andy Burgess (Quelle: Insight Investment)

Vor dem MPC-Meeting der Bank of England: „Die Unsicherheiten sind in allen Fronten groß“

Fotos von Katharine Neiss (Quelle: PGIM Fixed Income), James Lynch (Quelle: Aegon AM) und Andy Burgess (Quelle: Insight Investment).

Titelfoto Symbolfoto

Wichtige Entwicklungen zur Politik.

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