Dienstag, November 5, 2024
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Versorgerpleiten – E.ON-Chef will nicht die Zeche zahlen

Düsseldorf/Frankfurt, 19. Jan (Reuters) – Der Energiekonzern E.ON kämpft mit den Folgen der Zwangsübernahme von Kunden strauchelnder Strom- und Gas-Discounter. „Wir haben in Großbritannien, Deutschland und Tschechien mehrere Hunderttausend Kunden übernommen“, sagte Vorstandschef Leonhard Birnbaum in einem am Mittwoch veröffentlichten Interview der Nachrichtenagentur Reuters.

Das stelle seinen Konzern vor große Belastungen. „Wenn Sie auf diese unvorhersehbare Weise neue Kunden bekommen, müssen Sie sich für einen Großteil dieser Kunden kurzfristig zu den aktuell höheren Preisen mit Gas am Spotmarkt eindecken.“

In den vergangenen Wochen haben auch in Deutschland mehrere Versorger ihren Kunden die Lieferungen von Strom und Gas gekündigt oder gar Insolvenz angemeldet. Hintergrund ist die Preisexplosion an den Energiemärkten.

Diese bringt die Anbieter in die Bredouille, die ihren Kunden günstige Preise versprochen haben, zu denen sie sich selbst nicht mehr eindecken können. Kann ein Versorger seine Kunden nicht mehr bedienen, so wird dieser vom größten Anbieter in der Region mit Strom beliefert. Das kann ein Stadtwerk oder ein Energieriese wie E.ON sein.

„Es darf keine Geschäftsmodelle geben, bei denen jemand mit Vertriebseinnahmen am Großhandelsmarkt auf Kosten der Kunden spekuliert“, betonte Birnbaum. E.ON sei mit seinem Vertriebsgeschäft gut aufgestellt und besser als andere durch die Krise gekommen. „Wir bezahlen aber dafür, dass wir die Kunden derjenigen Anbieter auffangen müssen, die unwirtschaftlich gehandelt haben. Das wollen wir nicht jedes Jahr haben. Da muss sich etwas tun.“ E.ON verfügt mit all seinen Geschäften insgesamt in Europa über rund 50 Millionen Kunden.

REGIERUNG WILL MIT NEUEN GESETZEN VERBRAUCHER SCHÜTZEN

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hat bereits Gesetzesänderungen für Verbraucher angekündigt. Menschen hätten zunächst im guten Glauben ein vermeintlich günstiges Angebot angenommen, dass sich jetzt erheblich verteuert habe. „Das kann nicht einfach so ohne Konsequenzen bleiben. Es werden rechtliche Änderungen kommen“, sagte Habeck am Dienstag.

„Wir brauchen eine Regulierung, die systematisch die unseriösen Discounter aus dem Markt raushält, die diesen Markt mittelfristig destabilisieren“, forderte der E.ON-Chef. In der Vergangenheit sei es um mehr Wettbewerb gegangen. „Dadurch ist man Kompromisse eingegangen, für die man jetzt zahlt, am Ende auch der Kunde. Das gilt vor allem für Großbritannien, aber auch für Osteuropa und zusehends in Deutschland.“

E.ON

Kündigt ein Versorger einem Kunden, gilt für diesen zunächst eine sogenannte Ersatzversorgung und nach drei Monaten die Grundversorgung, wenn er nicht inzwischen den Tarif oder Anbieter gewechselt hat. Beim Preis ist die Ersatzversorgung an die Grundversorgung gekoppelt. E.ON will hier früher reagieren können. „Wir plädieren dafür, dass die Ersatzversorgung von der Grundversorgung entkoppelt wird und eine unterschiedliche Preisstruktur ermöglicht werden muss“, fordert Birnbaum.

Mit einer schnellen Rückkehr zu den alten Preisen rechnet der Manager nicht. „Die Voraussetzungen, dass sich die Preise wieder auf dem Niveau der letzten ein- bis anderthalb Jahre stabilisieren, sind schwierig.“ Zunächst einmal sei branchenweit mit Preiserhöhungen zu rechnen. „Das sehen wir ja jetzt auch schon im Markt.“ E.ON hat nach eigenen Angaben seine Strompreise in der Grundversorgung zum Jahreswechsel stabil gehalten. Beim Gas habe es eine Erhöhung gegeben. Diese mache bei einem Jahresverbrauch von 18.000 Kilowattstunden pro Monat je nach Region brutto Mehrkosten zwischen 22 bis 31 Euro aus.

Nach einer Erhebung des Online-Portals Check24 haben die Preise für Strom und Gas in der Grundversorgung im Januar ein Allzeithoch erreicht. Strom sei 32 Prozent teurer als vor einem Jahr, Gas sogar um 99 Prozent. Ein Musterhaushalt mit einem Stromverbrauch von 5000 Kilowattstunden muss demnach im Schnitt 2167 Euro zahlen. Gaskunden mit einem Jahresverbrauch von 20.000 Kilowattstunden müssen dafür im Schnitt 2998 Euro hinblättern. 

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