Vegane Ernährung boomt – Vor allem zu Beginn des Jahres im sogenannten „Veganuary“ verzichten immer mehr Menschen auf tierische Produkte. Auch über das Jahr hinweg wird Fleisch, Milch und Käse immer häufiger durch rein pflanzliche Alternativen ersetzt. Vegane Lebensmittel sind ein stark wachsender Markt.
Doch in purpose-driven Branchen und Unternehmen lässt sich bekanntlich nicht immer das große Geld machen. Wie es demnach aus wirtschaftlicher Perspektive um vegane Lebensmittelhersteller und ihre Aktien bestellt ist, beleuchtet Shanna Strauss-Frank.
Schätzungsweise drei Prozent der Bevölkerung ernähren sich in Deutschland vegan. Diese Zahl klingt erstmal sehr gering und erweckt nicht den Eindruck einer großen wirtschaftlichen Relevanz. Doch bereits knapp sieben Prozent der Deutschen essen vegetarisch und fast ein Drittel – das sind ungefähr 16,7 Millionen Einwohner – sind Flexitarier, sie konsumieren also nur manchmal Fleisch.
Die Trendkurve geht nach oben: Ein Marktbericht prognostiziert dem europäischen Markt für vegane Lebensmittel von 2022 bis 2029 eine jährliche Wachstumsrate von 10,1 Prozent. Bis zum Jahr 2029 soll der Markt dabei einen Wert von 16,7 Milliarden US-Dollar erlangen.
Dabei sind pflanzliche Fleisch- und Milchersatzprodukte am beliebtesten und selbst Menschen, die sich keiner der obig genannten Labels zuschreiben, greifen gerne zum Haferdrink oder einer pflanzlichen Wurst. Doch ein Blick an die Börse entkräftet derzeit diesen Trend: Die teils stark gefallenen Aktienkurse erfolgreicher pflanzlicher Lebensmittelhersteller werfen Fragen auf.
Fleischersatzprodukte derzeit für die Mehrheit nicht bezahlbar
Die Weltbevölkerung wächst pro Jahr um rund 60 Millionen Menschen, was in einer wachsenden Ressourcenerschöpfung resultiert und eine umweltschonende Lebensweise aller fordert. Wer sich vegan ernährt, spart auf einfachem Wege zwei Drittel der Ressourcen ein, die ein Fleischesser verbraucht. Doch wir müssen herausfinden, wie sich Lebensmittel auch künstlich herstellen lassen.
Denn der Klimawandel zerstört immer mehr Land und Fläche – Fleisch wird zukünftig sehr knapp sein. Dazu kommt aber, dass seit geraumer Zeit neben Energie auch Lebensmittel für Endkonsumenten deutlich teurer sind. Dabei waren künstliche Fleischersatzlebensmittel bereits vor der Inflation im Durchschnitt doppelt so kostenintensiv wie Rind- und Schweinefleisch – die Preissteigerung senkt demnach Nachfrage nach solch kostspieligen Nischenprodukten. Für die Mehrheit der Bevölkerung ist der tägliche Konsum von Ersatzprodukten also derzeit nicht bezahlbar.
Beyond Meat: Aktienkurs im Abwärtsmodus
Lange Zeit galt jedoch der Hersteller Beyond Meat mit seinen fleischähnlichen Produkten als Liebling der veganen Lebensmittelbranche. Doch rasch folgte der Crash: Nach einer Überwertung des Unternehmens nach dem Börsengang in 2019 und der schlechten Wachstumsprognose fiel die Aktie und hat sich bis heute nicht mehr erholt. Für das dritte Quartal des letzten Jahres vermeldete das Unternehmen einen Umsatzrückgang von 22,5 Prozent gegenüber dem Vorjahr.
Das makroökonomische Umfeld ist ungünstig, das unterstreicht dieser deutliche Rückgang. Beyond Meat ist mit steigenden Produktionskosten aufgrund von Inflation und Wettbewerbsdruck konfrontiert. Doch der Hersteller baut seine Präsenz durch vielversprechende Partnerschaften wie mit McDonald’s in UK und Metro in China weiter aus, was den Umsatz wieder ankurbeln könnte.
Trends zu hoch bewertet
Auch Oatly ging mit pflanzlichen Milchalternativen 2021 an die Börse. Doch seitdem ist der Kurs gesunken. Veganismus ist ein vergleichsweise junger Trend, der sich noch nicht in der breiten Masse komplett durchgesetzt hat, somit haben es insbesondere jene Hersteller schwer, die ausschließlich mit pflanzlichen Produkten Gewinne erwirtschaften müssen. Sowohl bei Beyond Meat als auch bei Oatly waren zu ihren Börsengängen die Erwartungen zu hoch und die zusätzlichen globalen Krisen der letzten Jahre erschwerten das Wachstum.
Etablierte Konzerne stehen besser da
Jüngere Unternehmen werden von wirtschaftlichen Herausforderungen härter getroffen, etablierte Konzerne stecken diese auch finanziell leichter weg. Das zeigt das Traditionsunternehmen Kellogg mit seiner veganen Tochterfirma Morningstar Farms. Der pflanzliche Hersteller kann von der jahrelangen Erfahrung seiner Mutter profitieren. Auch spiegelt sich dies in relativ stabilen Kurs der Kellogg-Aktie wider.
Ähnlich bei Hormel Foods: Mit seinen Fleischkonserven galt Hormel eher als traditionell, mit Happy Little Plants etabliert er nun eine rein pflanzliche Marke im Portfolio. Weil Hormel dank des konservativen Führungsstils eine solide Bilanz mit wenig Schulden anstrebt, konnte das Unternehmen seit mehr als 50 Jahren jedes Mal seine Dividenden erhöhen. Trotz derzeitig höherer Produktionskosten konnte Hormel Foods so einen Rekordgewinn erzielen und seinen Aktienkurs relativ stabil halten.
Das Potenzial ist noch nicht ausgeschöpft
Auch wenn die Kurse und Unternehmensentwicklungen einiger pflanzlicher Hersteller derzeit eher getrübt sind, sollte man das stetig wachsende Potenzial, wenn auch unter Vorbehalt, nicht ausser Acht lassen. Mit ansteigender Weltbevölkerung wird die Branche auch weiterwachsen. Es ist nur fraglich, wann der Weg zum Massenkonsum gelingt.
Autor:
Shanna Strauss-Frank ist Deputy Sales Director bei der Investmentgesellschaft Freedom Finance Europe, dem einzige EU-basierte Investmentbroker dessen Holding am NASDAQ gelistet wird.
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