Berlin, 18. Aug (Reuters) – Die Suche nach geeigneten Azubis gestaltet sich für die deutschen Unternehmen auch wegen der Corona-Pandemie so schwierig wie noch nie. Mehr als vier von zehn Betrieben konnten im vergangenen Jahr nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze besetzen – „ein Allzeithoch“, wie der stellvertretende DIHK-Hauptgeschäftsführer Achim Dercks am Donnerstag zu der Umfrage des Deutschen Industrie- und Handelskammertages (DIHK) unter rund 15.000 Firmen sagte. Von diesen Unternehmen habe mehr als jedes dritte keine einzige Bewerbung erhalten. „Nie war es schwieriger für die Betriebe, Azubis zu finden“, sagte Dercks in Berlin. Dies zeige, wie sehr die Corona-Pandemie die Lage am Ausbildungsmarkt nochmals verschärft habe. „Der Bedarf an beruflich Qualifizierten ist inzwischen höher als bei den Akademikern“, sagte der DIHK-Experte.
Für die vielen ohnehin schon unter Fachkräftemangel leidenden Unternehmen habe dies schwerwiegende Folgen: Öffnungszeiten müssten reduziert, Aufträge abgelehnt und Leistungen ausgelagert werden, so die Kammer. Auch werde versucht, dem Nachwuchsmangel mit einer zunehmenden Digitalisierung Herr zu werden. Der DIHK spricht sich angesichts der schwierigen Lage im Bereich der Ausbildung für eine leichtere Zuwanderung ein.
„Es besteht zudem die Hoffnung da, aus dem Corona-Loch herauszukommen“, sagte Dercks mit Blick auf die Hoffnung der Firmen, künftig wieder mehr Bewerber zu finden. Durch die Corona-bedingten Einschränkungen seien Berufsorientierung, Berufsberatung und Ausbildungsplatzsuche in den vergangenen zwei Jahren erheblich erschwert worden. Die Berufsberater der Arbeitsagenturen kamen demnach nicht mehr in die Schulen, Ausbildungsmessen und Betriebspraktika mussten komplett abgesagt werden. „Das hat bei vielen Jugendlichen die Orientierungslosigkeit verstärkt“, sagte Dercks. Den Unternehmen sei der hohe Stellenwert der Berufsorientierung sehr bewusst. Sie und die Kammern hätten bereits während der Pandemie neue digitale Formate entwickelt, um die fehlenden Angebote von Schulen und Arbeitsagenturen bestmöglich abzufedern.
INDUSTRIE KLAGT DEUTLICH HÄUFIGER
Lag der Anteil der Betriebe, die nicht für alle offenen Stellen Azubis finden konnten, im Jahr 2018 noch bei 32 Prozent, betrug er 2021 bereits 42 Prozent. Die Industrie (ohne Bau) verzeichnete einen besonders starken Zuwachs von 33 auf 50 Prozent. Aber auch im Gastgewerbe (56 auf 67 Prozent) sowie in Transport und Logistik (40 auf 54 Prozent) bleiben immer mehr Lehrstellen frei. Lediglich bei den unternehmensorientierten Dienstleistungen ist die Lage im Vergleich zu 2018 zumindest unverändert geblieben (jeweils 26 Prozent).
Der DIHK-Umfrage zufolge möchten drei von vier Ausbildungsbetrieben ihr Angebot in der beruflichen Orientierung künftig weiter ausbauen. Allein 51 Prozent planen, mehr Schülerpraktika anzubieten. 38 Prozent wollen Veranstaltungen abhalten, 25 digitale Informationsangebote verstärken. „Die Unternehmen haben ihre Türen und Tore weit geöffnet und werben um den Nachwuchs“, sagte Dercks.
Die deutschen Unternehmen lehnen die Pläne der Ampel-Koalition für eine Ausbildungsgarantie mit großer Mehrheit ab. 81 Prozent der befragten Ausbildungsbetriebe lehnten dies ab. In ihrem Koalitionsvertrag hatten sich SPD, Grüne und FDP für eine sogenannte Ausbildungsgarantie ausgesprochen.
Unternehmen tun sich bei Azubi-Suche schwer wie nie
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