Donnerstag, Dezember 5, 2024
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Steuerrecht im Fokus: Neuerungen 2024

Inflation, Bauernproteste, Bahn- und andere Streiks – Deutschland scheint von einem Ausnahmezustand in den nächsten zu stolpern. Nicht umsonst hat die Gesellschaft für deutsche Sprache den Begriff „Krisenmodus“ zum Wort des Jahres 2023 gekürt. Im neuen Jahr soll alles besser werden: höhere Freigrenzen, höhere Pauschalbeträge, niedrigere Steuern, um die kränkelnde Wirtschaft anzukurbeln.

Mit dem dritten Entlastungspaket bringt die Bundesregierung umfangreiche Subventionsmaßnahmen auf den Weg, einige davon hängen aufgrund von Uneinigkeiten zwischen Regierung, Bundestag und Bundesrat allerdings noch in der Luft. Was also sind die wichtigsten steuerlichen Anpassungen und wo wartet Deutschland noch auf eine finale Entscheidung?

Gesicherte Zukunft

Für kleine und mittelständische Unternehmen (KMUs) sowie Start-ups dürfte sich insbesondere das Zukunftsfinanzierungsgesetz als interessant erweisen. Um Deutschland als Wirtschaftsstandort attraktiver zu gestalten und Investitionen zu fördern, verbessert das Gesetz die Vorgaben zur Mitarbeiterkapitalbeteiligung. Von bisher 1.440 Euro steigt der Freibetrag auf 2.000 Euro an. Zudem ermöglicht die neue Regelung unter bestimmten Bedingungen einen Aufschub der Besteuerung geldwerter Vorteile auf bis zu 15 Jahre, wodurch sich die Dry-Income-Problematik derartiger Vermögensbeteiligungen entschärfen lässt.

Allerdings gilt weiterhin die Voraussetzung, dass eine Kapitalbeteiligung eine freiwillige Leistung des Arbeitgebers darstellt und nur denjenigen Mitarbeitenden offensteht, die mehr als ein Jahr im Betrieb arbeiten. Nicht zuletzt sorgt das Zukunftsfinanzierungsgesetz auch für die Verdopplung der Einkommensgrenze für Arbeitnehmer-Sparzulagen auf 40.000 Euro sowie erleichterte Bedingungen für den Börsengang. Im Zuge der Neuregelung senkt sich die Grenze der Mindestmarktkapitalisierung auf 1 Million Euro anstatt wie bisher 1,25 Millionen, um auch kleineren Unternehmen den Weg an den Kapitalmarkt zu eröffnen. Zudem werden regulatorische Auflagen, wie beispielsweise die Pflicht, einen Mitantragsteller vorzuweisen, vereinfacht oder aufgehoben.

Für Arbeitnehmer-Sparzulagen verdoppelt sich die Einkommensgrenze.

Steuerausgleich, Phase zwei

Aufgrund der nach wie vor hohen Inflationsrate sehen sich Betriebe und Privathaushalte mit der Frage konfrontiert, wie sie die steigenden Kosten stemmen sollen. Schon im November 2022 hat die Bundesregierung das Inflationsausgleichsgesetz beschlossen: In zwei Phasen treten jeweils zum Jahreswechsel verschiedene Maßnahmen in Kraft, um den Einkommensteuertarif zu senken. 2024 steigen einerseits der Grundfreibetrag und analog dazu der Unterhaltshöchstbetrag, andererseits wächst der Kinderfreibetrag um sechs Prozent im Vergleich zum Vorjahr.

Zudem erfährt die Freigrenze für die Bemessungsgrundlage des Solidaritätszuschlags eine Anhebung auf 18.130 Euro bei Einzelveranlagung beziehungsweise 36.260 Euro bei Zusammenveranlagung. Für Besserverdiener eine Erleichterung: Obgleich die Reichensteuer (45 Prozent) von den Änderungen unberührt bleibt, findet der Spitzensteuersatz von 42 Prozent mit Jahreswechsel erst ab Einkünften von 66.761 Euro Anwendung, wodurch sich die Einkommensgrenze diesbezüglich um circa 4.000 Euro nach oben verschiebt. Auf Unternehmerseite profitieren vor allem Freiberufler, Einzelunternehmer und Selbstständige von den Anpassungen, da die Einkommensteuer für sie die zentrale Unternehmensteuer darstellt.

Sowohl der Grundfreibetrag als auch der Kinderfreibetrag steigen.

Wirtschaftsparadies Deutschland?

Umfangreiche Änderungen soll künftig auch das Wachstumschancengesetz bringen. Aktuell ist es noch nicht finalisiert, denn der Bundesrat hat den Vermittlungsausschuss eingeschaltet. Dieser befasst sich am 21. Februar mit dem Gesetz. Bis zu einer Einigung klingen die Maßnahmen noch wie Zukunftsmusik – wenn auch keine allzu ferne. Ziel bleibt aber, die Bundesrepublik als Wirtschaftsstandort attraktiver zu gestalten, besonders in Anbetracht von Fachkräftemangel und Investitionsstau.

Beispielsweise sieht der Entwurf in seiner jetzigen Form verbesserte Thesaurierungsbedingungen vor: Verbleiben die Gewinne eines Einzelunternehmens innerhalb der Firma und werden nicht ausgeschüttet, besteht die Möglichkeit, sie mit dem niedrigeren sogenannten Thesaurierungssteuersatz von 28,25 Prozent anstatt mit der regulären Einkommensteuer zu besteuern. Bisher mussten zur Inanspruchnahme dieser Vergünstigung jedoch bereits entnommene Steuern vom Gewinnvolumen abgezogen werden. Mit dem Wachstumschancengesetz entfiele dieser Abzug künftig. Zudem räumt der Entwurf Personengesellschaften die Möglichkeit zur Körperschaftsbesteuerung ein, wodurch sich die Steuerlast um etwa 15 Prozent verringern und mehr Kapital für Investitionen zur Verfügung stehen würde.

Des Weiteren sollen Kleinunternehmen – etwaige Ausnahmen vorbehalten – von der Übermittlungspflicht der Umsatzsteuererklärung beziehungsweise von der Pflicht zur Abgabe der Voranmeldung und Entrichtung der Vorauszahlung befreit werden, sofern die Steuer für das vorausgegangene Kalenderjahr nicht mehr als 2.000 Euro betrug. Arbeitnehmer hingegen würden nach jetzigem Stand vor allem von höheren Verpflegungspauschalen und Freibeträgen bezüglich privater Veräußerungen sowie Einnahmen aus Vermietung und Verpachtung profitieren.

Verbesserte Thesaurierungsbedingungen verringern die Steuerlast.

Flexible Grenzen

Weitere Änderungen finden sich unter anderem im Bereich der Stromsteuer. Für Unternehmen des produzierenden Gewerbes und der Land- und Forstwirtschaft sinkt diese auf den europäischen Mindeststeuersatz von 0,5 Euro pro Kilowattstunde. Umgesetzt wird die niedrigere Besteuerung mittels höherer Entlastungsbeträge, während die allgemeine Stromsteuer gleich bleibt. Zudem steigen mit der Anhebung des Mindestlohns die Einkommensgrenzen für geringfügig Beschäftigte dynamisch an, sodass Arbeitgeber auf eine Reduzierung der Arbeitszeit verzichten können.

Seit dem 1. Januar 2024 liegt die Grenze bei 538 Euro; im nächsten Jahr steigt sie auf 556 Euro. Durch das vierte Corona-Steuerhilfegesetz von 2022 steht Steuerpflichtigen in diesem Jahr schließlich eine verlängerte Frist zur Abgabe ihrer Steuererklärung zur Verfügung. Anstatt wie üblich bis Ende Juli können Personen, die ihre Steuererklärung 2023 ohne einen Steuerberater erstellen, diese bis zum 2. September 2024 einreichen. Bei Beauftragen eines Steuerberaters verlängert sich die Frist sogar bis zum 2. Juni 2025.

Autor:
Prof. Dr. Christoph Juhn ist Steuerberater und Gründer der Kanzlei JUHN Partner GmbH. Seine Schwerpunkte in der Beratung liegen u. a. auf Umstrukturierungen sowie Unternehmens- und Konzernsteuerrecht

Bildquelle JUHN Partner GmbH

Aussagen des Autors und des Interviewpartners geben nicht unbedingt die Meinung der Redaktion und des Verlags wieder

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