New York, 09. Okt – Der ungebrochene Höhenflug des US-Dollar macht den US-Unternehmen zunehmend zu schaffen. Experten gehen daher davon aus, dass in der in den kommenden Tagen startenden Berichtssaison zum abgelaufenen Sommerquartal die starke US-Währung in den Bilanzen der Firmen bereits erste Spuren hinterlassen haben dürfte. Binnen Jahresfrist hat der Dollar zu einem Währungskorb 16,7 Prozent an Wert gewonnen, beflügelt vom Kampf der US-Notenbank Fed gegen die Inflation und den Turbulenzen an den weltweiten Finanzmärkten, vor denen sich Anleger in den sicheren Hafen Dollar flüchteten.
Doch genau das entwickelt sich zunehmend zum Problem für die Firmen, welche ihre Produkte auch im Ausland verkaufen. Der starke Dollar sei einer der Gründe, warum die Gewinnerwartungen der größten US-Unternehmen weiter gesenkt werden müssten, sagte Erik Knutzen, Chefinvestor für Mischfonds bei der Investmentgesellschaft Neuberger Berman. „Es ist einer der Faktoren, der zu Skepsis US-Aktien gegenüber führt.“
Dabei ist der starke Dollar nicht der einzige Faktor, der den US-Betrieben das Leben schwer macht: Auch die allgemein steigenden Preise und die erschwerten Finanzierungsbedingungen hinterlassen ihre Spuren in den Bilanzen. All das trübt die Aussichten für die US-Wirtschaft ein. Analysten schätzen, dass insgesamt die Gewinne der Firmen im S&P 500 lediglich um 4,5 Prozent verglichen mit dem Vorjahr zugelegt haben – Anfang Juli hatten sie noch ein Plus von 11,1 Prozent vorhergesagt, wie aus Refinitiv-Daten vom 30. September hervorgeht.
Alleine die Dollar-Stärke könnte die Gewinne um fünf bis sechs Prozent geringer ausfallen lassen, schätzt Ohsung Kwon, Aktienstratege in der Investment-Abteilung der Bank of America. Im Vierteljahr zuvor lag der Dämpfer lediglich bei zwei Prozent. Besonders stark dürfte es Firmen aus dem Technologie- und Rohstoffbereich treffen, sagte Kwon. Eine Reihe von Unternehmen haben die Erwartungen bereits gedrosselt, darunter der Technologiekonzern IBM, der Chemieriese DuPont de Nemours oder der Konsumgüterhersteller Procter & Gamble. Der Sportartikelproduzent Nike, der mehr als die Hälfte seines Umsatzes außerhalb Nordamerikas erwirtschaftet, bezifferte vor einem Monat die Belastungen durch den starken Dollar auf vier Milliarden Dollar – das ist rund doppelt so viel wie zuvor angenommen.
Sollten die Gewinne nun noch schlechter ausfallen als vorhergesagt, dürfte das für den US-Aktienmarkt nichts Gutes heißen. Schon jetzt liegt der S&P 500 um rund ein Fünftel niedriger als zu Jahresbeginn, und Börsianer rechnen so lange mit Kursturbulenzen, bis es der US-Notenbank Fed gelingt, mit ihrem Zinserhöhungs-Kurs die Inflation wieder in den Griff zu bekommen.
ANALYSTEN: DOLLAR HAT HÖHEPUNKT NOCH NICHT ERREICHT
Anzeichen für eine Trendwende am Devisenmarkt stehen aber noch aus. Auch wenn der Dollar-Index zuletzt um rund zwei Prozent gefallen ist, gehen 85 der von Reuters befragten Analysten davon aus, dass er seinen Höhepunkt noch nicht erreicht hat. Die straffe Politik der US-Notenbank Fed, eine vergleichsweise robuste US-Wirtschaft und die Konjunkturprobleme in Europa dürften den Dollar weiter stützen, schrieben die Analysten der Bank UBS. „Wir denken, es ist zu früh, von einem Höhepunkt bei der Fed-Politik oder dem Greenback zu sprechen“, schrieben sie.
Dabei hat die Dollar-Stärke durchaus auch positive Auswirkungen für den US-Markt. Zu den Profiteuren gehören die Firmen, die viele Güter im Ausland kaufen und dafür nun weniger zahlen müssen. Zugleich erscheinen Dollar-Anlagen attraktiver für ausländische Investoren, weil sie sich bei einem steigenden Dollar weniger Sorgen wegen des Wechselkursrisikos machen, wenn sie das Geld wieder in ihre Heimatwährung umtauschen. „Es erlaubt (ausländischen) Investoren, in das zu investieren, was sie als Wachstumsmarkt ansehen, ohne dass sie sich zu sehr um die Währung kümmern müssen“, sagte Colin Graham, Chefstratege bei der Vermögensverwaltung Robeco.
Starker Dollar bereitet US-Unternehmen Kopfzerbrechen
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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