Berlin/Genf, 31. Mrz (Reuters) – Angesichts einer zunehmend dramatischen Lage in Afghanistan hat die Staatengemeinschaft am Donnerstag 2,4 Milliarden Dollar für humanitäre Hilfe zugesagt. UN-Generalsekretär Antonio Guterres hatte allerdings den Bedarf des Landes akut auf rund vier Milliarden Euro geschätzt.
Die Wirtschaft in Afghanistan sei effektiv zusammengebrochen, neun Millionen Menschen seien vom Hungertod bedroht, die Lage „alarmierend“, sagte Guterres zum Auftakt einer virtuellen internationalen Geberkonferenz, die von Deutschland, Großbritannien und Katar mitorganisiert wurde. Deutschland stellt Afghanistan nach den Worten von Bundesaußenministerin Annalena Baerbock weitere 200 Millionen Euro zur Verfügung.
Baerbock verwies auf eine schwere Dürre in Afghanistan. Die Wirtschaft sei nach der Machtübernahme der Taliban ohnehin schwer getroffen, und die Coronavirus-Pandemie belaste zusätzlich. „Deshalb muss die internationale Gemeinschaft ihre humanitäre Unterstützung für Afghanistan verstärken.“
Die Summe von vier Milliarden Euro wäre die größte von den UN gezahlte Einmalsumme für humanitäre Angelegenheiten gewesen. Großbritannien hat angekündigt, umgerechnet rund 335 Millionen Euro zu geben. Das Geld soll direkt an Hilfsorganisationen gehen und nicht an die Taliban, die nach dem Abzug der US-geführten internationalen Truppen im August 2021 das Land wieder übernommen haben.
„Die Afghanen brauchen unsere Hilfe, um ihre Wirtschaft anzukurbeln, ihre Landwirtschaft aufrechtzuerhalten und Grundlagen der sozialen Sicherung zu halten“, erklärte UN-Vize Martin Griffiths, der als Untergeneralsekretär für humanitäre Angelegenheiten und als Nothilfekoordinator tätig ist.
Baerbock betonte: „Die Taliban müssen Akteuren der humanitären Hilfe ungehinderten Zugang verschaffen und ihre Sicherheit gewährleisten, und sie dürfen die humanitäre Hilfe nicht einschränken.“ Über die humanitäre Hilfe hinaus werde das weitere Engagements Deutschlands in Afghanistan vom Handeln der Taliban abhängen. „Wir werden sie an diesen Taten messen, nicht an ihren Worten“, sagte die Grünen-Politikerin.
„NICHT EINFACH FORTGESPÜLT WERDEN WIE EIS“
Obwohl die Taliban nach ihrer Machtübernahme versprochen haben, Grundrechte zu achten, werden vor allem die Rechte von Frauen wieder stark eingeschränkt. Erst vergangene Woche hatten die Taliban ihre frühere Zusage zur Öffnung von Gymnasien für Mädchen zurückgenommen. Zudem ist es Frauen verboten, ohne männliche Begleitung zu fliegen. Auch ist der Besuch von Parks nach Geschlechtern getrennt. Der Zutritt ist künftig Frauen nur noch an drei Tagen in der Woche und Männer an den übrigen vier Tagen einschließlich des Wochenendes erlaubt. Staatsbedienstete wurden zudem angewiesen, einen Bart und traditionelle Kleidung zu tragen.
Guterres mahnte, die Schulen in Afghanistan für alle wiederzueröffnen. Auch Baerbock betonte den Umgang mit Frauen. „Die Fortschritte, die die Frauen und Mädchen Afghanistans in den letzten zwei Jahrzehnten errungen haben, dürfen nicht einfach fortgespült werden wie Eis, das in der Sonne dahinschmilzt“, sagte sie. „Sie sollten unerschütterlich sein. Das ist unser eindringlicher Appell an die Taliban.“ Griffiths mahnte allerdings, das Land nicht zu isolieren. In seinen Gesprächen in Kabul habe er den Eindruck gewonnen, die Taliban wollten „einen konstruktiven Weg nach vorne“ einschlagen. Eine Isolation würde das Leid der Menschen nur noch verschlimmern.
Staatengemeinschaft sagt 2,4 Mrd Dollar für Afghanistan zu
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