Dienstag, April 23, 2024
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Schweiz will mit Credit-Suisse-Rettung Finanzsystem schützen

Zürich/London, 19. Mrz – Die fieberhaften Bemühungen zur Stabilisierung der taumelnden Großbank Credit Suisse dauerten am Sonntag an. Die Verhandlungen über den von der Regierung favorisierten „Plan A“ einer Übernahme durch die Schweizer Nummer eins UBS gerieten Medienberichten zufolge allerdings zunehmend ins Stocken. Wenn der Deal nicht zustande komme, müsse der Schweizer Staat eingreifen, erklärte ein Insider. Als Alternative prüfe die Schweiz eine vollständige oder teilweise Verstaatlichung der Bank, wie die Nachrichtenagentur „Bloomberg“ berichtete. Für den Abend setzte die Regierung in Bern eine „wichtige Medienkonferenz“ an. 

Die CS zählt zu den größten Vermögensverwaltern der Welt und gilt als eine von 30 global systemrelevanten Banken, deren Ausfall das gesamte Finanzsystem in Mitleidenschaft ziehen würde. Entsprechend halten die Ereignisse in der Schweiz die Finanzwelt in Atem. 

Die Behörden sind mit Hochdruck dabei, vor dem Börsenstart am Montag eine Lösung vorlegen zu können. Mit einer Lösung für die Credit Suisse sollen auch schwere Erschütterungen im internationalen Finanzsystem verhindert werden. Mindestens zwei große Banken in Europa prüften intern Szenarien einer möglichen Ansteckung des Bankensektors durch die Vertrauenskrise bei der Credit Suisse. Deren Auswirkungen sowie der Zusammenbruch zweier US-Banken könnten in der kommenden Woche weiter auf das Finanzsystem übergreifen, sagten zwei Führungskräfte mit Kenntnis der Überlegungen der Nachrichtenagentur Reuters. Ein Punkt sei, wie schnell sich die Europäische Zentralbank (EZB) einschalten sollte, um die Widerstandsfähigkeit der Banken hervorzuheben, insbesondere ihre Kapital- und Liquiditätspositionen. 

In einer Fusion mit der UBS sehen die Schweizer Behörden den besten Weg, den Vertrauensverlust bei der Credit Suisse zu stoppen. Der „Financial Times“ zufolge legte die UBS eine Offerte im Volumen von bis zu einer Milliarde Dollar auf den Tisch. Damit müssten die Aktionäre schwere Einbussen in Kauf nehmen; am Freitag war das Institut an der Börse noch rund acht Milliarden Franken wert. „Bloomberg“ berichtete, Credit Suisse wehre sich mit Unterstützung seines größten Aktionärs gegen die Offerte. Die Verhandlungen seien zäh, erklärte ein Insider. Das habe nicht nur mit dem Preis, sondern auch mit einer Reihe von weiteren Bedingungen zu tun. 

UBS und Credit Suisse lehnten eine Stellungnahme ab. Die Schweizer Regierung konnte vorerst nicht erreicht werden.

10.000 JOBS AUF DER KIPPE?

Credit Suisse ist das größte Geldhaus, das in den Strudel der kollabierten US-Institute Silicon Valley Bank (SVB) und Signature Bank geriet, obwohl sie bei SVB selbst kaum etwas im Feuer hatte. Zuletzt musste die CS Notfallkredite der SNB von bis zu 50 Milliarden Franken in Anspruch nehmen. Es ist das erste Mal seit der Finanzkrise ab 2007, dass eine Notenbank sich zu einer Stützung für eine so große Bank gezwungen sah. Diese Intervention sorgte für eine vorübergehen Beruhigung der Lage, reichte aber offenbar nicht aus, um die Abwärtsspirale zu brechen. So setzt nicht nur die Flucht der Privatkunden der Zürcher Bank zu – auch das Geschäft mit anderen Finanzinstituten wird immer schwieriger.

Ein Kauf der Credit Suisse durch die UBS wäre der bedeutendste Bankenzusammenschluss in Europa seit der Finanzkrise. Komme es zu der Übernahme, müssten wohl 10.000 Jobs gestrichen werden. Die Schweizer Banken-Gewerkschaft SBPV forderte sofortige Gespräche über die Sicherung von Arbeitsplätzen bei der Großbank Credit Suisse. Die UBS beschäftigt über 72.000 Mitarbeiter, die Credit Suisse über 50.000. Wegen der hohen Marktanteile im Heimmarkt stellt sich aber die Frage, ob die Wettbewerbsbehörden eine Fusion durchwinken würden. Mit einer Abspaltung des Schweizer Geschäfts der Credit Suisse könnten solche Bedenken ausgeräumt werden. 

Allerdings hat UBS in der Vergangenheit wiederholt klar gemacht, dass sie von einer Übernahme der Credit Suisse eigentlich nichts wissen will, zuletzt am Dienstag. Zu den Verhandlungen über eine Übernahme musste sie von den Behörden gedrängt werden. Denn der weltgrößte Vermögensverwalter für Millionäre und Milliardäre kommt alleine gut klar: 2022 fuhr die UBS einen Gewinn von 7,63 Milliarden Dollar ein und schaffte damit das beste Ergebnis seit 16 Jahren. Credit Suisse erlitt dagegen einen Verlust von 7,3 Milliarden Franken.

Schweiz will mit Credit-Suisse-Rettung Finanzsystem schützen

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von Charles auf Pixabay

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