Freitag, Dezember 27, 2024
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Schulstart in der Ukraine – Für Präsenz fehlen Schutzräume

Kiew, 29. Aug – Illjas Schule in Lyssytschansk steht nicht mehr. Sie wurde bei Bombenangriffen auf die Stadt in der ostukrainischen Region Luhansk vollständig zerstört, sagt Illjas Mutter Switlana. Beim Gedanken daran kommen der Frau, die es bei ihrem Vornamen belassen möchte, die Tränen. Nach der Flucht wird ihr Sohn nun in Kürze in eine Schule in der Stadt Irpin bei Kiew gehen. „Ich glaube, dass wir hier ein besseres Leben haben werden“, sagt Switlana bei einem Besuch des Schulgebäudes, in dem Arbeiter gerade ein durch Artilleriebeschuss zerborstenes Fenster austauschen. „Das Wichtigste ist, dass unsere Kinder lernen.“ Doch für Präsenzunterricht – in der Pandemie auch in anderen Ländern vermisst – fehlen in der Ukraine vielerorts Luftschutzbunker.

Am Donnerstag starten fast sechs Millionen ukrainische Kinder und Jugendliche ins neue Schuljahr. Die Behörden arbeiten mit Hochdruck daran, bis dahin möglichst viele Schulen zu reparieren und Schutzräume zu errichten. Über Bunker oder ähnliche Vorrichtungen verfügen nach Angaben des Innenministeriums 41 Prozent aller 26.000 Bildungseinrichtungen des Landes, die von Vorschulen bis hin zu Universitäten reichen. Das sind bereits fünf Mal so viele Schutzräume wie noch vor einigen Monaten, und in den nächsten Wochen könnten es noch einige mehr werden. Doch die 41 Prozent sind ein Landesdurchschnitt, in Frontstädten wie Mykolajiw sieht es mit 16 Prozent viel schlechter aus.

UNTER TEENAGERN WÄCHST DIE ZAHL DER SCHULABBRECHER

Deshalb müssen vermutlich Millionen Kinder und Jugendliche weiterhin online lernen, was die schon durch Schulschließungen in zwei Jahren Corona entstandenen Probleme noch verschärft. Unter Teenagern wachse die Zahl der Schulabbrecher, warnt die Leiterin des ukrainischen Ablegers von Save the Children, Sonja Chusch. Und der Mitgründer der größten ukrainischen Online-Lernplattform Prometheus, Ivan Prymatschenko, sagt: „Die russische Aggression wird große Konsequenzen für das ukrainische Bildungssystem haben.“

Nach Angaben des ukrainischen Bildungsministeriums wurden seit der russischen Invasion am 24. Februar fast 2300 Bildungseinrichtungen beschossen oder Ziel von Bombenangriffen. Davon seien 286 vollständig zerstört worden. Nach UN-Angaben wurden 350 Kinder im Krieg getötet und mehr als 580 verletzt. Die tatsächliche Zahl könnte deutlich höher sein. Russland spricht von einem militärischen Spezialeinsatz im Nachbarland und weist Vorwürfe zurück, die Zivilbevölkerung anzugreifen.

SCHULE IM SCHICHTBETRIEB – 300 BUNKER-PLÄTZE FÜR 2000 KINDER 

Die ukrainischen Behörden bemühen sich um eine Wiederaufnahme des Präsenzunterrichts, auch um Müttern die Rückkehr an ihren Arbeitsplatz zu ermöglichen. Die ehemalige Finanzministerin Natalija Jaresko sagt, der Betrieb von Bildungseinrichtungen werde auch Millionen von Frauen, die mit ihren Kindern aus der Ukraine geflohen sind, zur Rückkehr ermutigen. „Das sind unsere künftigen Arbeitskräfte, das ist die Zukunft unserer Nation.“ Der Rektor der Universität Lwiw, Wolodymyr Melnyk, sagt, durch den Krieg entstandene Bildungslücken seien eine Tragödie für die Ukraine. Seine Hochschule in der westukrainischen Stadt stellt Programme zur Verfügung, die Lehrkräften beim Online-Unterricht helfen sollen.

Aber selbst wenn Distanz-Lernen nicht nötig sein sollte, weil die Schultore öffnen können, stehen die Kinder und Jugendlichen vor großen Herausforderungen. Mancherorts kann es notwendig sein, dass sie im Schichtbetrieb unterrichtet werden, um im Fall von Angriffen alle Anwesenden schützen zu können. So reicht der Platz im Luftschutzbunker der Schule in Irpin, in der Achtklässler Illja am Donnerstag einen Neustart wagen muss, für 300 Kinder. Die Schule hat aber 2000 Schülerinnen und Schüler.

Schulstart in der Ukraine – Für Präsenz fehlen Schutzräume

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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