Brüssel/Berlin, 22. Apr (Reuters) – Frankreichs Staatschef Emmanuel Macron erhält bei seiner angestrebten Wiederwahl Rückendeckung westlicher Partner. Auch wenn eine Niederlage gegen seine rechte Rivalin Marine Le Pen jüngsten Umfragen zufolge am Sonntag immer unwahrscheinlicher erscheint, hat das gute Abschneiden der EU-Skeptikerin in der ersten Runde in vielen europäischen Hauptstädten und auch jenseits des Atlantiks die Alarmsirenen schrillen lassen.
Bundeskanzler Olaf Scholz und seine Kollegen aus Spanien und Portugal, Pedro Sanchez und Antonio Costa, warnten in einem gemeinsamen Meinungsartikel in der französischen Presse davor, eine „Kandidatin der extremen Rechten“ zu wählen, die sich auf die Seite der Gegner der Demokratie und Freiheit stelle.
Le Pen war wegen ihrer früher offen zur Schau getragenen Nähe zum russischen Präsidenten Wladimir Putin im Wahlkampf in die Defensive geraten. Sie verurteilte den russischen Einmarsch in die Ukraine zwar. Zugleich musste sie sich aber für einen früheren Kredit einer russischen Bank an ihre Partei rechtfertigen. Zudem lehnt sie einen Importstopp für russisches Gas kategorisch ab.
Für Unmut in Berlin und anderswo sorgte es, dass sie ausgerechnet in Zeiten des Ukraine-Krieges einem Ende der Rüstungskooperation mit Deutschland das Wort redet – auch bei Militärmaschinen und Panzern. Überdies will sie Frankreich aus der Kommandostruktur der Nato herauslösen.
SORGE VOR NATO-GIPFEL
Der kanadische Ministerpräsident Justin Trudeau betonte auch vor diesem Hintergrund jüngst, dass es aus seiner Sicht „eine gute Sache für die Welt“ wäre, falls der Transatlantiker und glühende Europäer Macron wiedergewählt würde. Auch in Washington bereitet Le Pen der US-Regierung offenbar Sorge. Laut einem Insider, der nicht genannt werden wollte, könnte ein Sieg der Chefin des rechten Rassemblement National (RN) in Frankreich die Planungen für den wichtigen Nato-Gipfel im Juni erschweren. Dabei will sich die transatlantische Allianz au eine neue Langfriststrategie einigen, um Russland besser in Schach halten zu können.
Nach Ansicht des Forschers Marc Pierini von der Denkfabrik Carnegie Europe würden die Nato und auch die Europäische Union unmittelbar geschwächt, wenn Le Pen in Paris ans Ruder käme. Es wäre aus seiner Sicht ein Triumph für Russland, das die extreme Rechte in Frankreich bereits seit langem unterstütze. Zudem werde auch die Ausrichtung der deutsch-französischen Achse verändert.
Dies sieht auch der Grünen-Politiker Anton Hofreiter so: „Es ist schwer vorstellbar, dass das deutsch-französische Tandem mit ihr noch funktionieren kann.“ Die Vize-Präsidentin des Europaparlaments, Katarina Barley, befürchtet gar, dass unter einer französischen Präsidentin Le Pen der gemeinsame deutsch-französische Motor „ausgehen“ wird.
Scholz, Trudeau & Co. treibt Sorge vor Rechtsruck in Frankreich um
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.