Toronto, 23. Aug – Bundeskanzler Olaf Scholz will kanadisches Flüssiggas nutzen, damit Deutschland schneller unabhängig von Energieimporten aus Russland wird. „Bei Deutschlands Abkehr von russischer Energie ist Kanada unser Wunschpartner“, sagte Scholz am Dienstag in Toronto auf einer deutsch-kanadischen Wirtschaftskonferenz. „Derzeit bedeutet dies einen Anstieg unserer LNG-Importe. Wir hoffen, dass kanadisches Flüssiggas dabei eine sehr wichtige Rolle spielen wird“, fügte er hinzu. Die Bundesregierung war zuvor sehr zurückhaltend bei dem Thema gewesen, sieht aber nach den Äußerungen des kanadischen Ministerpräsidenten Justin Trudeau neue Chancen, dass Kanada in einigen Jahren LNG auch nach Europa liefern kann.
Am Rande der Konferenz unterzeichneten zudem die Autobauer Volkswagen und Mercedes-Benz Absichtserklärungen zur Nutzung kanadischer Rohstoffe für die Produktion von Batterien für die Elektro-Mobilität. E.ON und Uniper wollen die Dekarbonisierung mit dem Import von grünen Ammoniak aus Kanada vorantreiben. Dazu seien Absichtserklärungen mit der kanadischen Entwicklungsgesellschaft EverWind Fuels unterzeichnet worden, teilten die beiden deutschen Energiekonzerne mit. Sie strebten die Abnahme von jährlich jeweils rund 500.000 Tonnen Ammoniak aus EverWinds Produktionsanlage Point Tupper in Nova Scotia an. Die Anlage soll 2025 den kommerziellen Betrieb aufnehmen.
Sowohl Scholz als auch Trudeau bezeichneten eine engere Wirtschaftszusammenarbeit beider G7-Länder als entscheidend auch bei dem Übergang zu einer klimaneutralen Ökonomie. Der Kanzler betonte, dass sich Kanada und Deutschland ideal ergänzten. Man sei sehr an dem Import von Rohstoffen interessiert, aber auch an der Weiterverarbeitung in Kanada selbst. „Kanada hat alles, was Russland auch hat“, sagte er. Aber es sei demokratisch und ein verlässlicher Partner.
Beide Länder wollten im Tagesverlauf auch noch ein umfangreiches Wasserstoff-Abkommen abschließen. Deutschland sei bereit, langfristig in den Umbau der Dekarbonisierung der Wirtschaft zu investieren und vor allem in eine Wasserstoff-Zusammenarbeit, sagte Scholz. „Der politische Wille ist da und das Kapital auch.“ Nach einem Treffen mit kanadischen Pensionsfonds verwies Scholz darauf, dass diese ihr Interesse an Investitionen in nachhaltige Projekte bekräftigt hätten. Kanada wird 2025 auch Partner der Hannover Messe werden, kündigte Scholz zudem an.
Allerdings zeigten sich auch Differenzen beim Ansatz, wie man Treibhausgase reduzieren will. Denn Kanada, das über die weltweit zweitgrößten Uran-Vorkommen verfügt, setzt weiter auf Atomkraft. „Es gibt eine Rolle für Atom beim Weg in die klimaneutrale Wirtschaft“, betonte Trudeau, der auch über neue Reaktortypen sprach. Scholz wiederum betonte, dass die Investitionen in den Bergbau in Kanada nachhaltig sein müssten. Die Standards würden dann auch Auswirkungen auf den Bergbau in anderen Teilen der Welt haben.
VW und Mercedes wollen vor allem Rohstoffe wie Lithium nutzen, die für E-Autos wichtig sind. „Kanada wird schnell zu einem grünen Lieferanten für Autokonzerne werden“, sagte der kanadische Industrieminister Francois-Philippe Champagne. VW denkt auch über die Produktion von Kathoden für Autobatterien in Kanada nach, für die Lithium und große Mengen an Ökostrom benötigt werden. Sowohl VW-Chef Herbert Diess als auch Mercedes-Entwicklungsvorstand Markus Schäfer sind Teil der Wirtschaftsdelegation, die mit Scholz und Vizekanzler Robert Habeck nach Kanada reisten.
Scholz setzt auf LNG aus Kanada – Autobauer auf Rohstoffe
Quelle: Reuters
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