Moskau/Berlin, 01. Dez – Russland hat die Entscheidung des Bundestages scharf kritisiert, die Hungersnot in der Ukraine in den Jahren 1932/33 als sowjetisch verordneten Völkermord anzuerkennen. Dies sei als antirussische Provokation und als Versuch Deutschlands zu werten, seine Nazi-Vergangenheit beschönigen zu wollen, teilte das russische Außenministerium am Donnerstag mit. Zuvor hatte der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Entscheidung des Bundestages begrüßt, den sogenannten Holodomor, bei dem Millionen Ukrainer starben, zum Völkermord zu erklären. Mehrere andere EU-Länder, darunter die baltischen Staaten und früheren Sowjetrepubliken Estland, Lettland und Litauen, erkennen den Holodomor ebenfalls als Völkermord an.
Im November 1932 hatte der sowjetische Machthaber Josef Stalin das gesamte Getreide und Vieh der neu kollektivierten ukrainischen Bauernhöfe beschlagnahmen lassen, einschließlich des Saatguts für die nächste Ernte. Millionen von ukrainischen Bauern verhungerten daraufhin in den folgenden Monaten. Russland – wie die Ukraine ein Nachfolgestaat der Sowjetunion – hat die Einschätzung stets zurückgewiesen, dass es sich um einen Völkermord handelte. Damals hätten Millionen von Menschen auch in anderen Teilen der Sowjetunion gelitten, lautet die Argumentation.
„Es gibt einen weiteren Versuch, eine Kampagne zu rechtfertigen und voranzutreiben, die in der Ukraine initiiert und vom Westen unterstützt wird, um Russland zu dämonisieren und ethnische Ukrainer gegen Russen auszuspielen“, erklärte das russische Außenministerium am Donnerstag in einer Erklärung. „Die Deutschen versuchen, ihre Geschichte umzuschreiben … ihre eigene Schuld herunterzuspielen und die Erinnerung an die beispiellose Natur der zahllosen Verbrechen, die von Nazi-Deutschland während des Zweiten Weltkriegs begangen wurden, zu verwischen“, heißt es in der Erklärung.
Die Regierung in Moskau wirft der Ukraine regelmäßig faschistische Tendenzen vor und hat damit auch den Einmarsch russischer Truppen in das Nachbarland am 24. Februar gerechtfertigt. Nun wird auch dem Bundestag unterstellt, er wolle „die faschistische Ideologie des Rassenhasses“ wiederbeleben. Für die Ukrainer ist die Erinnerung an den Holodomor zentraler Bestandteil der Identität des Landes als unabhängiger Nationalstaat und ein Beweis für das historische Unrecht, das den Ukrainern von den Machthabern in Moskau angetan wurde.
Russland verdammt Völkermord-Beschluss Bundestag – Ukraine lobt Beschluss
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von Jordan Holiday auf Pixabay
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