Kiew, 03. Jul (Reuters) – Nach wochenlangen Kämpfen haben russische Truppen nach eigener Darstellung die ostukrainische Bastion Lyssytschansk erobert und damit die Kontrolle über die gesamte Region Luhansk übernommen. Verteidigungsminister Sergej Schoigu informierte Präsident Wladimir Putin offiziellen Angaben zufolge am Sonntag darüber, dass das ganze Gebiet Luhansk „befreit“ worden sei. Nach Angaben des Ministeriums gelang es russischen Soldaten und prorussischen Separatisten am Sonntag zunächst, Lyssytschansk einzukesseln und dann in die Stadt einzudringen, um dort „den umzingelten Feind vollständig zu besiegen“.
Von ukrainischer Seite war zunächst keine aktuelle Stellungnahme zu erhalten. Gegen Samstagabend hatte ein Sprecher der ukrainischen Nationalgarde noch erklärt, die Stadt sei zwar heftig umkämpft, befinde sich aber weiter unter Kontrolle der ukrainischen Armee. Ein ranghoher Vertreter der prorussischen Separatisten behauptete im russischen Fernsehen das Gegenteil, fügte aber in Bezug auf die Stadt Lyssytschansk hinzu: „Leider ist sie noch nicht befreit.“
Die Angaben ließen sich zunächst nicht unabhängig überprüfen. Die Eroberung von Luhansk und zuletzt insbesondere von Lyssytschansk war eines der wichtigsten Kriegsziele Russlands. Die Gebiete Luhansk und Donezk in der Ukraine bilden den Donbass. Die russische Offensive konzentrierte sich in den vergangenen Wochen vor allem darauf, das Gebiet, über dessen Teile prorussische Separatisten seit 2014 die Kontrolle übernahmen, vollständig zu beherrschen. Kürzlich war es ihr nach zermürbenden Kämpfen gelungen, die Nachbarstadt Sjewjerodonezk auf der anderen Flussseite von Lyssytschansk einzunehmen.
Auch aus anderen Landesteilen wurden erneut Kampfhandlungen gemeldet. Russische Truppen gelangen nach Angaben des Verteidigungsministeriums in Moskau Schläge gegen militärische Infrastruktur im ostukrainischen Charkiw. Im Süden wiederum sei am Rand von Mykolajiw ein Stützpunkt getroffen worden, der von ausländischen Kämpfern genutzt werde.
Die Ukraine wiederum meldete, sie habe in der russisch-besetzten Stadt Melitopol im Süden des Landes eine Militärbasis mit mehr als 30 Treffern aus der Luft zerstört. Die von Russland eingesetzte Verwaltungsbehörde erklärte, es habe zwar keine Opfer gegeben, es seien aber mehrere private Wohnhäuser in der Nähe eines Flugfeldes getroffen worden.
RUSSLAND MELDET TOTE BEI EXPLOSIONEN IN BELGOROD
Gut 40 Kilometer jenseits der ukrainischen Grenze wurden Explosionen aus der russischen Stadt Belgorod gemeldet. Der Gouverneur der gleichnamigen russischen Region, Wjatscheslaw Gladkow, teilte mit, es seien mindestens drei Menschen getötet und vier weitere verletzt worden. Mindestens elf Wohnblöcke und 39 Privathäuser seien beschädigt worden. Genaue Angaben zur Ursache der Detonationen machte er nicht. Er sprach lediglich von einem „Vorfall“. Ein Bewohner der Stadt sagte der Nachrichtenagentur Reuters, eine Rakete sei etwa 20 Meter von seinem Haus entfernt gegen 3.00 Uhr Ortszeit in Wohnblöcken eingeschlagen. „Es war so laut, dass ich aufgesprungen bin. Ich wachte auf, bekam große Angst und fing an zu schreien.“ Alle Fenster in seinem Haus seien zersprungen. Die Türen seien aus den Angeln geflogen.
Der ranghohe russische Abgeordnete Andrej Klischas machte die Ukraine verantwortlich. „Der Tod von Zivilisten und die Zerstörung ziviler Infrastruktur in Belgorod sind ein direkter Akt der Aggression seitens der Ukraine und erfordern die härteste – einschließlich einer militärischen – Reaktion“, schrieb er auf dem Messengerdienst Telegram.
Reuters konnte die Angaben nicht unabhängig überprüfen. Aus der Ukraine lag zunächst keine Reaktion vor. In Belgorod leben knapp 400.000 Menschen. Die Stadt ist das Verwaltungszentrum der gleichnamigen Region. Seit Beginn der von Russland als militärischer Sondereinsatz bezeichneten Invasion der Ukraine am 24. Februar gab es immer wieder Berichte über Angriffe in Belgorod und andere grenznahe Gebiete. Moskau wirft der Ukraine vor, hinter den Angriffen zu stecken. Die Regierung in Kiew hat sich nicht dazu bekannt, die Vorfälle aber als Quittung und Karma für Russlands Invasion bezeichnet.
Russland – Region Luhansk ist vollständig erobert
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Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.