Berlin, 12. Apr – Die Bundesregierung prüft erneut den Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco in eine Betreibergesellschaft im Hamburger Hafen. Man prüfe die Auswirkung, nachdem das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) den Containerhafen Tollerort nun doch als kritische Infrastruktur einstufe, sagte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums am Mittwoch in Berlin. Eine Sprecherin der HHLA sagte, sie gehe davon aus, dass sich rechtlich nichts Entscheidendes gegenüber der Lage zum geändert habe, was dem Cosco-Einstieg im Wege stehe. Dennoch könnte die Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP auf den nächsten Koalitionsstreit zusteuern – auch wegen einer komplizierten Rechtslage.
Das Bundeskabinett hatte am 26. Oktober eine sogenannte Teiluntersagung ausgesprochen, wodurch Cosco nur 24,9 Prozent statt der ursprünglich geplanten 35 Prozent an der Betreibergesellschaft am kleinsten Hamburger Containerterminal Tollerort übernehmen darf. Das Kanzleramt hatte sich damals für diese Minderheitsbeteiligung ausgesprochen. Kanzler Olaf Scholz hatte keine Gefahr für die öffentliche Sicherheit gesehen. An dieser Position von Scholz habe sich nichts geändert, sagte eine Regierungssprecherin. Die Grün- und FDP-geführten Ministerien hatten sich für ein Verbot des Cosco-Einstiegs ausgesprochen, mussten aber einlenken. Auch jetzt gibt es wieder Forderungen etwa des Hamburger FDP-Energiepolitikers Michael Kruse nach einer Überprüfung des Cosco-Einstiegs.
Ein Grund ist die Sorge vor einer zu großen Abhängigkeit von der chinesischen Reederei, die auch an zahlreichen anderen europäischen Häfen beteiligt ist. Die Stadt Hamburg und die HHLA hatten dagegen argumentiert, dass der Einstieg gut für die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens wäre. Coscos Einfluss sei als Minderheitsaktionär an der Betreibergesellschaft am kleinsten der Hamburger Containerterminals zudem gering.
Die rechtliche Lage gilt auch regierungsintern als kompliziert: Im Oktober 2022 war Tollerort vom BSI noch nicht als Teil der kritischen Infrastruktur eingestuft worden. Die HHLA teilte mit, dass sich die Lage durch die Verschärfung der sogenannten Kritis-Verordnung für die kritische Infrastruktur 2022 geändert habe, worüber man das BSI Ende des Jahres auch informiert habe. Anfang 2023 habe das BSI Tollerort dann als Teil der kritischen Infrastruktur registriert.
Allerdings gibt es in Teilen der Bundesregierung die Auffassung, dass der Containerhafen schon ab dem 1. April 2022 eigentlich als kritische Infrastruktur hätte gelten müssen. Die Pflicht zur Anmeldung liegt bei den Firmen. Die HHLA beruft sich darauf, dass Tollerort beim Vertragsschluss mit Cosco im Oktober 2021 auf keinen Fall als kritische Infrastruktur gegolten habe, weil die verschärfte Verordnung mit Übergangsfristen erst zum 1. Januar 2022 in Kraft getreten sei. Das Investitionsprüfverfahrens habe also 2021 begonnen. Im übrigen ändere sich aber deshalb nichts an der Rechtslage, weil die HHLA als Ganzes seit 2018 als kritische Infrastruktur angesehen werde.
Das Grün-geführte Wirtschaftsministerium hatte trotz der Kabinettsentscheidung im Oktober 2022 bis April 2023 noch keine finale Bestätigung für den Cosco-Einstieg erteilt – auch mit Blick darauf, dass das BSI danach seine Einschätzung änderte. Deshalb sei eine erneute Prüfung geboten, sagte die Sprecherin des Ministeriums. Eine Aussage über den Ausgang der Prüfung wollte sie nicht machen. Geprüft werden muss nun erneut, ob ein Cosco-Einstieg eine Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellt.
Regierung prüft Cosco-Einstieg in Hamburger Hafen erneut
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von guentherlig auf Pixabay
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