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Regierung erlaubt Cosco-Einstieg in Hamburg – Kritik hält an

Update Berlin/Hamburg, 26. Okt – Trotz massiver Bedenken hat das Bundeskabinett den Weg für einen begrenzten Einstieg der chinesischen Staatsreederei Cosco bei einem Container-Terminal im Hamburger Hafen frei gemacht. Statt der geplanten Beteiligung von 35 Prozent an der Betreibergesellschaft des Containerterminals Tollerort des Hamburger Hafenlogistik-Konzerns HHLA genehmigte die Bundesregierung nur einen Anteil der Chinesen von 24,9 Prozent, wie das Wirtschaftsministerium am Mittwoch mitteilte.

„Zudem werden Sonderrechte untersagt“, betonte das Ministerium. Damit werde eine strategische Beteiligung verhindert und der Anteilserwerb auf eine reine Finanzbeteiligung reduziert. Allerdings äußerten mehrere Ministerien bereits in der Kabinettsitzung in einer der Nachrichtenagentur Reuters vorliegenden ungewöhnlich deutlichen Protokollnotiz schwerwiegende Bedenken. Auch aus mehreren Parteien kam Kritik.

Die HHLA-Konzernchefin Angela Titzrath widersprach dagegen Befürchtungen, dass das Unternehmen durch den Einstieg von Cosco an Eigenständigkeit verliere. „Die Zusammenarbeit zwischen HHLA und Cosco schafft keine einseitige Abhängigkeit“, betonte sie am Mittwoch. Die HHLA behalte die alleinige Kontrolle über alle wesentlichen Entscheidungen. Mit der Beteiligung von unter 25 Prozent an einem Containerterminal werde Hamburg zu einer bevorzugten Logistikdrehscheibe im Warenverkehr mit Asien. Dadurch werde die Wettbewerbsfähigkeit des Hafens gestärkt und Arbeitsplätze gesichert, sagte Titzrath.

SCHOLZ SETZT ENTSCHEIDUNG DURCH

Der Entscheidung war innerhalb der Bundesregierung ein Konflikt zwischen Kanzleramt und etlichen Ministerien vorausgegangen, die sich für ein komplettes Verbot ausgesprochen hatten. Die Regierung löste den Konflikt in zwei Schritten. Zum einen wurde die Betreibergesellschaft für den Terminal Tollerort, den kleinsten von vier Container-Terminals im Hamburger Hafen, nicht als kritische Infrastruktur eingestuft. Damit stieg die Schwelle für eine Genehmigungspflicht laut Außenwirtschaftsgesetz von zehn aus 25 Prozent. Da nun nur 24,9 Prozent erlaubt wurden, ist zumindest dieser Einstieg dann nicht mehr genehmigungspflichtig. Die Ministerien konnten also keinen Einspruch mehr einlegen. 

Sowohl die grün-geführten Außen- und Wirtschaftsministerien als auch die FDP-geleiteten Ministerien in der Regierung stellten sich aber hinter eine sehr kritische Protokollnotiz. In der vom Auswärtigen Amt vorgelegten Notiz wird auf „erhebliche Risiken“ hingewiesen, wenn Elemente der Europäischen Transportinfrastruktur von China beeinflusst und kontrolliert werden – während China selbst keine Beteiligung Deutschlands an chinesischen Häfen zulässt. China habe bereits deutlich gezeigt, dass es bereit sei, wirtschaftliche Maßnahmen zur Erreichung politischer Ziele einzusetzen.

„Insofern hat der Erwerb des Containerterminals nicht nur eine wirtschaftliche, sondern vor allem eine geopolitische Komponente.“ Das Kanzleramt und die Stadt Hamburg hatten dagegen darauf hingewiesen, dass es um eine Betreibergesellschaft und eben nicht den Einstieg in den Besitz des Terminals selbst geht. 

Die SPD-Ministerien unterstützten die Protokollnotiz nicht. Eine Sprecherin von Innenministerin Nancy Faeser (SPD) erklärte, dass die Bedenken mit der Reduzierung des Cosco-Anteils ausgeräumt seien. „Scholz war die Dimension der Entscheidung bewusst“, sagte eine Regierungssprecherin. Der Kanzler sehe bei einer verhältnismäßig geringen Beteiligung keine strategischen Einflussmöglichkeiten Chinas. 

Das Wirtschaftministerium betonte, dass der Reederei nun untersagt werde, über Sonderrechte zu einem „atypischem“ Kontrollerwerb über die Betreibergesellschaft zu kommen. Sie dürfe sich keine vertraglichen Vetorechte bei strategischen Geschäfts- oder Personalentscheidungen einräumen lassen oder Mitglieder der Geschäftsführung benennen. Auch eine Beteiligung anderer chinesischer Firmen an der Betreibergesellschaft könnte eine neue Prüfung auslösen, sagte eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums. 

Der Sprecher des chinesischen Außenministeriums, Wang Wenbin, sagte zu dem Vorgang nur, dass die chinesische Regierung darauf hoffe, dass „die relevanten Parteien die pragmatische Zusammenarbeit zwischen China und Deutschland rational sehen und grundlose Spekulationen einstellen“. 

Kritik kam auch aus der Union: „Die Entscheidung der Ampel sehen wir als Union sehr kritisch“, teilte die wirtschaftspolitische Sprecherin der Unions-Bundestagsfraktion, Julia Klöckner, mit. BASF-Chef Martin Brudermüller warnte dagegen vor einer überhitzten Debatte. „Ich glaube, es ist dringend notwendig, dass wir vom China-Bashing wegkommen und mal etwas selbstkritisch auf uns gucken.“ Kanzler Scholz plant kommende Woche eine Reise nach China mit einer Wirtschaftsdelegation. 

Regierung erlaubt Cosco-Einstieg in Hamburg – Kritik hält an

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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