Berlin, 23. Mrz – Inmitten zahlreicher Streits in der Ampel-Koalition hat sich die Bundesregierung nach langen Verhandlungen bei der Reform der Fachkräfteeinwanderung und beim Weiterbildungsgesetz geeinigt. Bundesarbeitsminister Hubertus Heil und Innenministerin Nancy Faeser (beide SPD) gaben die Gesetzentwürfe am Donnerstag in die Ressortabstimmung, wie es in Regierungskreisen hieß. Das Kabinett solle am kommenden Mittwoch grünes Licht geben. In der vorgeschalteten Frühkoordination für die Gesetzentwürfe habe auch das FDP-geführte Finanzministerium bereits zugestimmt. Die von Heil angestrebte Bildungszeit für Beschäftigte werde allerdings auf Drängen des Finanzministeriums verschoben.
Die Einigung kurz vor einem Treffen der Spitzen von SPD, Grünen und FDP am Sonntag dürfte auch darauf zielen, den Eindruck zu verwischen, dass im Regierungsbündnis kaum noch etwas entschieden werde. Bei beiden Vorhaben sind SPD-geführte Ministerien federführend. Vor dem Koalitionsausschuss am Sonntag hatten zuletzt die Grünen den Koalitionspartnern Blockaden beim Klimaschutz und in der Verkehrspolitik vorgeworfen.
Allerdings hatten alle drei Koalitionspartner bei Fachkräften und der Weiterbildung stets ihr gemeinsames Ziel der Arbeitskräftesicherung unterstrichen. Zudem belasten beide Gesetze kaum den Bundeshaushalt, für den Finanzminister Christian Lindner (FDP) auf einer Ausgabenbremse besteht. Ursprünglich sollten die Gesetze Anfang März ins Kabinett.
GRÜNE: VERTAGEN DER BILDUNGSZEIT KRITISCH ZU SEHEN
Der arbeitsmarktpolitische Sprecher der Grünen-Fraktion, Frank Bsirske, bewertete den Verzicht auf die Einführung einer Bildungszeit kritisch. „Damit wird ein zentraler Punkt aus dem Gesetz amputiert“, sagte Bsirske der Nachrichtenagentur Reuters. Für die Bildungszeit sollten sich Beschäftigte ein Jahr freistellen lassen können und Unterstützung von der Bundesagentur für Arbeit in Höhe des Arbeitslosengeldes erhalten. In Regierungskreisen hieß es, das Vorhaben sei auf ein zweites Weiterbildungsgesetz verschoben worden, da das Finanzministerium aus Kostengründen Bedenken angemeldet habe.
Positiv wertete Bsirske indes eine Nachbesserung bei der geplanten sogenannten Ausbildungsgarantie. Künftig sollen junge Leute einen Anspruch auf eine außerbetriebliche Ausbildung haben, wenn sich keine anderen Ausbildungsmöglichkeiten finden. Bisher war dies nur als Ermessensleistung vorgesehen.
Mit dem Gesetz wird auch ein Qualifizierungsgeld eingeführt. Beschäftigte und Unternehmen werden bei Strukturwandel und Transformation unterstützt, indem die Bundesagentur für Arbeit bei Weiterqualifizierung die Lohnzahlung in Höhe des Kurzarbeitergeldes übernimmt.
ARBEITSMARKT WIRD STÄRKER FÜR DRITTSTAATEN GEÖFFNET
Eckpunkte zur Reform der Fachkräfteeinwanderung hatte das Kabinett schon am 30. November vorigen Jahres beschlossen. Der Arbeitsmarkt soll so weit wie noch nie für Arbeitskräfte aus Staaten außerhalb der Europäischen Union (EU) geöffnet werden. Dabei geht es nicht nur um anerkannte Fachkräfte. Vorgesehen ist auch eine „Chancenkarte zur Arbeitssuche“, die auf einem neuen Punktesystem und nicht allein auf Qualifizierung beruht. Neue Zuwanderungsmöglichkeiten soll es auch für ungelernte Arbeitskräfte geben, wenn dafür in bestimmten Branchen ein Bedarf gesehen wird.
In einer ergänzenden Verordnung wird zudem die sogenannte Westbalkanregelung entfristet, auf deren Grundlage Arbeitgeber in Deutschland jährlich 25.000 Arbeitskräfte aus Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, der Republik Nordmazedonien, Montenegro und Serbien anwerben können. Das jährliche Kontingent wird auf 50.000 erhöht. Es soll zudem ein Zugang zum Arbeitsmarkt für ausländische Pflegehilfskräfte mit einer Ausbildung unterhalb des Fachkräfteniveaus geschaffen werden.
Regierung einigt sich bei Fachkräften und Weiterbildung
Quelle: Reuters
Symbolfoto: Bild von glitchdigitalofficial auf Pixabay
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