Update 12:00 Uhr
Berlin, 15. Feb (Reuters) – Trotz der Omikron-Welle blicken Börsenprofis wieder optimistischer auf die Konjunktur in Deutschland. Das Barometer für die Einschätzung der nächsten sechs Monate stieg im Februar um 2,6 auf 54,3 Punkte und damit das zweite Mal in Folge, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) am Dienstag zu seiner monatlichen Umfrage unter 173 Analysten und Anlegern mitteilte. Von Reuters befragte Ökonomen hatten mit einem Anstieg auf 55,0 Zähler gerechnet. In ersten Reaktionen hieß es dazu:
MICHAEL HOLSTEIN, DZ BANK:
„Die ZEW-Konjunkturerwartungen für Deutschland haben sich im Februar erneut verbessert – von 51,7 auf 54,3 Punkte. Das ist der höchste Wert seit dem vergangenen Juli und zeigt, dass die befragten Analysten vorsichtig optimistisch auf die Entwicklung in den kommenden sechs Monaten blicken. Auch die Einschätzung der aktuellen Wirtschaftslage hat sich leicht aufgehellt. Angesichts der aktuellen Unsicherheiten und Belastungsfaktoren wäre ein stärkerer Anstieg des Index sicher eine Überraschung gewesen.
Zwar gehen viele Marktteilnehmer von einer kräftigen wirtschaftlichen Erholung im Frühjahr und Sommer aus, da die Corona-Beschränkungen in den kommenden Wochen gelockert werden dürften. Allerdings belasten die hohen Energiepreise und die gestiegenen Inflationsraten den Ausblick ebenso wie die Erwartung allmählich steigender Zinsen in den USA und im Euro-Raum. Zudem lastet die Unsicherheit über den weiteren Verlauf der Russland-Ukraine-Krise wie ein Mühlstein auf dem internationalen Marktsentiment.“
ACHIM WAMBACH, ZEW-PRÄSIDENT:
„Der Konjunkturausblick für Deutschland verbessert sich im Februar erneut, trotz wachsender wirtschaftlicher und politischer Unsicherheiten. Die Finanzmarktexpertinnen und -experten rechnen mit einer Entspannung bei den Corona-bedingten Einschränkungen und einer Konjunkturerholung im ersten Halbjahr 2022. Sie gehen weiterhin von einer zurückgehenden Inflation aus, allerdings langsamer und von einem höheren Niveau aus, verglichen mit den Erwartungen der Vormonate. Als Folge rechnen inzwischen mehr als 50 Prozent der Expertinnen und Experten mit einer Erhöhung der kurzfristigen Zinsen im Eurogebiet in den nächsten sechs Monaten.“
THOMAS GITZEL, VP BANK:
„Die Aussicht auf den Frühling und ein nachlassendes Virusgeschehen lassen auf eine bessere konjunkturelle Situation hoffen. Vor allem der Dienstleistungssektor kann sich auf wieder bessere Geschäfte im Frühjahr freuen – allen voran der Hotel- und Gaststättensektor. Die Industrie leidet derweil weiterhin unter einer angespannten Lieferkettensituation.
Die bereits gestiegenen Kapitalmarktzinsen und die geopolitischen Unsicherheiten an der Ostgrenze der Ukraine treiben derweil auch die Analysten um. Zu vermuten ist, dass ohne diese beiden Faktoren ein wesentlich deutlicherer Anstieg der ZEW-Konjunkturerwartungen zu vermelden gewesen wäre.
Tatsächlich könnte der Ukraine-Konflikt zum konjunkturellen Spielverderber werden. Dies gilt insbesondere dann, wenn bei einem etwaigen Einmarsch russischer Truppen in der Ukraine der russische Energiesektor mit Sanktionen belegt würde oder Russland seinerseits Energielieferungen einstellt. Zwar werden die USA als auch die EU selbst bei einem russischen Übergriff versuchen, den Energiesektor von Sanktionen in weiten Teilen auszunehmen, doch Restrisiken verbleiben. Gerade diese Restrisiken können den Konjunkturoptimismus in den kommenden Wochen etwas dämpfen.“
Ökonomen zum erneuten Anstieg der ZEW-Konjunkturerwartungen
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