Berlin, 06. Okt – Die deutsche Industrie hat im August deutlich weniger Aufträge erhalten. Das Neugeschäft fiel vor allem wegen ausbleibender Großaufträge um 2,4 Prozent schwächer aus als im Juli. Ökonomen hatten lediglich mit einem Rückgang von 0,7 Prozent gerechnet. In ersten Reaktionen hieß es dazu:
JÖRG KRÄMER, COMMERZBANK-CHEFVOLKSWIRT:
„Viele Unternehmen im In- und Ausland fahren ihre Bestellungen zurück, im August besonders Großaufträge. Das dürfte an den hohen Energiepreisen liegen, die die Geschäfte vieler Unternehmen teilweise unprofitabel machen. Die noch hohen Bestände an nicht abgearbeiteten Aufträgen sind von Stornierungen bedroht und vermitteln nur eine Scheinsicherheit. Die deutsche Wirtschaft steht vor einem schwierigen Winterhalbjahr, ich erwarte mehr denn je eine Rezession, selbst wenn eine Rationierung von Gas vermieden würde.“
JENS-OLIVER NIKLASCH, LBBW:
„Keine einfach zu interpretierenden Zahlen. Insgesamt war die Meldung für August besser als der erste Blick auf den kräftigen Rückgang vermuten ließe. Die deutliche Aufwärtsrevision für Juli und das Plus ohne Großaufträge im August zeigen, dass die tatsächliche Lage in der Industrie bislang noch besser ist als die Stimmung. Dennoch stehen die Zeichen weiterhin auf Abschwung. Im Inland hat sich der Auftragseingang in den vergangenen Monaten systematisch schlechter entwickelt als für die Aufträge aus dem Ausland. Das ist sicher nicht grundlos. Die von uns erwartete Rezession wird durch einen deutlichen Rückgang der Inlandsnachfrage, vor allem vom privaten Konsum, herbeigeführt.“
ALEXANDER KRÜGER, CHEFVOLKSWIRT HAUCK AUFHÄUSER LAMPE:
„Alles in allem bleibt der hohe Materialmangel stark belastend. Die Industrie ist weiter kaum in der Lage, Aufträge abzuarbeiten. Wohl auch deshalb halten sich Unternehmen mit neuen Aufträgen eher zurück. Deutlich steigende neue Aufträge würden die Lage auch nicht aufhellen, weil Produktion wegen hoher Energiepreise unrentabler ist. Wenn Entlastungen nicht bald kommen, werden vor allem mittelständische Unternehmen kaum überleben.“
Ökonomen zum Rückgang der Industrieaufträge
Quelle: Reuters
Titelfoto: Symbolfoto
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