Mittwoch, April 24, 2024
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Ökonomen zum Mini-Wachstum des deutschen BIP

Berlin, 25. Aug – Trotz der Folgen des Ukraine-Krieges hat die deutsche Wirtschaft im Frühjahr überraschend zugelegt. Das Bruttoinlandsprodukt stieg zwischen April und Juni um 0,1 Prozent zum Vorquartal, wie das Statistische Bundesamt am Donnerstag mitteilte und damit eine Schnellschätzung revidierte. Zunächst war von einer Stagnation der Wirtschaftsleistung die Rede gewesen. Auf der Konjunktur lasten die Folgen des Krieges in der Ukraine, anhaltende Lieferengpässe und die hohe Inflation.

Analysten sagten in ersten Reaktionen:

FRITZI KÖHLER-GEIB, CHEFÖKONOMIN KFW-BANK:

„Ab der Jahresmitte dürften nun die konjunkturellen Abtriebskräfte überwiegen, die vor allem von den Folgen des russischen Kriegsangriffs auf die Ukraine und der damit entstandenen Energiekrise, aber auch von den anhaltenden Störungen in den globalen Lieferketten insbesondere infolge wiederkehrender strikter Lockdowns in China ausgehen. KfW Research rechnet für das laufende dritte Quartal und vor allem für das Winterhalbjahr 2022/2023 mit leicht negativen Quartalswachstumsraten in Deutschland. Mit mindestens zwei aufeinanderfolgenden negativen Quartalen haben wir es per Definition mit einer technischen Rezession zu tun. Alles in allem dürfte die deutsche Wirtschaft dank des gelungenen Jahresstarts im Gesamtjahr 2022 noch um 1,4 Prozent wachsen (bisherige Prognose: +1,6 Prozent). Die voraussichtlich schrumpfende Wirtschaftsleistung in der zweiten Jahreshälfte 2022 und zu Beginn von 2023 wirkt sich vor allem auf die Wachstumsprognose für das kommende Jahr aus: KfW Research senkt diese auf -0,3 Prozent (bisher: +1,2 Prozent).“

SEBASTIAN DULLIEN, GEWERKSCHAFTSNAHES IMK-INSTITUT:

„Im Frühjahrsquartal hat ein noch kräftiger privater Konsum einen Rückgang des Bruttoinlandsprodukts verhindert. Dabei hat die Öffnung nach den Corona-Beschränkungen dazu geführt, dass die Menschen in Deutschland wieder mehr ausgegeben haben, etwa für Restaurantbesuche und Freizeitaktivitäten. Der Privatkonsum wird als Konjunkturstütze in den kommenden Monaten aber wegbrechen und dürfte im Winterhalbjahr sogar zu einer spürbaren Belastung für die Konjunktur werden. Massiv steigende Energiepreise – vor allem für Haushaltsenergie – belasten zunehmend die Kaufkraft der Deutschen und werden zu einem Rückgang des Konsums für andere Güter und Dienstleistungen führen, wenn die Bundesregierung nicht noch einmal mit einem neuen Entlastungspaket nachlegt. Die bisherigen Entlastungsmaßnahmen haben bislang den Konsum gestützt, reichen allerdings bei weitem nicht, um die Belastungen der kommenden Monate und erst recht nicht die absehbaren Belastungen durch steigende Gas- und Strompreise 2023 auszugleichen.

Insgesamt steht die deutsche Wirtschaft derzeit am Rand der Rezession. Es zeichnet sich jetzt die Gefahr ab, dass das Bruttoinlandsprodukt nicht einmal das Vor-Corona-Niveau von Ende 2019 erreicht, bevor es durch die hohen Energiepreise zu einem neuen Einbruch kommt.“

THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK:

„Es ist in dieser von schlechten Nachrichten geprägten Zeit eine kleine positive Überraschung: Die deutsche Wirtschaft weist nun im zweiten Quartal doch ein zartes Wachstum aus. Das war den privaten und staatlichen Konsumausgaben zu verdanken. Die deutsche Wirtschaft schlägt sich im zweiten Quartal besser als es die reine Wachstumszahl nahelegt. Die inländische Nachfrage legte kräftig zu. Die Bauwirtschaft war allerdings eine kräftige Belastung. Doch mit Blick auf das laufende Quartal gilt: Die deutsche Volkswirtschaft steckt bereits in der Rezession. Die massiv gestiegenen Lebenshaltungskosten kosten Kaufkraft, gleichzeitig ist auch die Industrie mit hohen Energiekosten und noch immer fehlenden Vorprodukten belastet. Die Belastungsfaktoren sind derzeit so groß, dass selbst ein schärferer Abschwung nicht ausgeschlossen werden kann. Oder um es anders zu formulieren: Es müsste schon sehr viel Positives passieren, dass eine Rezession ausbleibt.“

Ökonomen zum Mini-Wachstum des deutschen BIP

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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