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Ökonomen zum BIP-Wachstum und zur Rekord-Inflation im Euro-Raum

Frankfurt, 29. Apr (Reuters) – Die massiv gestiegenen Energiepreise infolge des Ukraine-Kriegs haben die Inflation im Euro-Raum auf ein neues Rekordhoch getrieben. Waren und Dienstleistungen verteuerten sich im April durchschnittlich um 7,5 Prozent binnen Jahrsfrist, wie das Statistikamt Eurostat am Freitag in einer ersten Schätzung mitteilte. Trotz des Krieges und Lieferengpässen hielt sich die Wirtschaft der Euro-Zone zu Jahresbeginn in der Wachstumszone. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) legte zwischen Januar und März zum Vorquartal um 0,2 Prozent zu, wie Eurostat auf Basis einer vorläufigen Schätzung erklärte. Analysten sagte dazu in ersten Reaktionen: 

CHRISTOPH WEIL, COMMERZBANK:

„Ein schneller Rückgang der Inflation im Euro-Raum ist nicht in Sicht. Der Krieg Russlands gegen die Ukraine dürfte die Energiepreise noch einige Zeit hoch halten. Gleichzeitig wird das Warenangebot durch die andauernden Material- und Lieferengpässe beschränkt, die durch neuerliche coronabedingte Betriebsschließungen in China noch verschärft werden. Die hierdurch bedingte Verteuerung der Produktion geben die Unternehmen inzwischen in immer größerem Umfang an die Verbraucher weiter. Die Inflationsrate wird wohl erst in der zweiten Jahreshälfte wieder unter sieben Prozent fallen. Die Gewerkschaften werden bei den kommenden Tarifverhandlungen zumindest einen teilweisen Ausgleich für die höhere Inflation fordern. Der Lohnauftrieb dürfte deshalb deutlich zunehmen.

Die heutigen Zahlen erhöhen den Druck auf die EZB, die ultra-expansiven Geldpolitik zu beenden. Daran ändert auch die deutliche Abschwächung der Konjunktur wenig.“

THOMAS GITZEL, CHEFÖKONOM VP BANK:

„Es war ein schwieriges Quartal für die Euro-Zone. Dass das BIP überhaupt zulegt, war den Corona-Lockerungen und einer besseren Materialversorgung in der Industrie zu verdanken. In den meisten Ländern der Euro-Zone legte die Industrieproduktion in den ersten Monaten des Jahres zu. Doch die Lieferkettenproblematik verbesserte sich andererseits auch noch so gut, dass ein kräftiger BIP-Zuwachs auf der Agenda stand. Das nur milde Wachstum war deshalb einmal mehr Ausdruck einer schwierigen wirtschaftlichen Lage aufgrund fehlender Rohstoffe und Vorprodukte. 

Für die EZB ist das heutige Zahlenwerk eine klare Aufforderung zum Handeln. Man kann es nicht oft genug erwähnen, aber die EZB muss den Ernst der Lage erkennen. Bis vor einigen Monaten war die Argumentation der europäischen Währungshüter noch schlüssig. Die Inflation war vor allem Corona-Effekten zuzuschreiben. Doch die Dinge ändern sich. Mit Ausbruch des Krieges hat sich der Teuerungsdruck verstärkt und an Breite gewonnen. Eine Zinsanhebung im Juli ist gemessen daran Pflicht. Wir wollen hoffen, dass die Währungshüter dieser Pflicht nachkommen.“

FRITZI KÖHLER-GEIB, KFW-CHEFÖKONOMIN:

„Die Folgen des russischen Angriffskrieges auf die europäische Wirtschaft sind schwerwiegend. Das leicht positive Wachstum der Euro-Zone zu Jahresbeginn kann deshalb nur für kurzlebige Erleichterung sorgen. Der Ukraine-Krieg verlängert und intensiviert den Gegenwind für die Konjunktur und raubt der wirtschaftlichen Erholung von der Pandemie viel von ihrer Kraft. Die Verschärfung der Coronalage in China kommt als Belastungsfaktor noch obendrauf. Hohe Energiekosten und Lieferengpässe belasten vor allem den Bau und das Verarbeitende Gewerbe. Währenddessen bricht die Stimmung der Verbraucher ein, eine Folge der deutlichen Kaufkraftverluste und der Verunsicherung durch den Krieg. Allein die Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen und fiskalische Entlastungspakete setzen positive Impulse.“ 

ALEXANDER KRÜGER, CHEFÖKONOM HAUCK AUFHÄUSER LAMPE PRIVATBANK:

„Es sieht ein wenig nach Inflationsgipfel aus, wegen der globalen Gemengelage ist dies aber höchst unsicher. Die anhaltend hohe Inflationsrate dürfte die EZB weiter auf Trab bringen. Äußerungen von Ratsmitgliedern deuten baldige Leitzinserhöhungen an. Eine ernste Inflationsbekämpfung steht mit Rücksicht auf Konjunktur und Staatshaushalte aber eher nicht bevor. Die EZB wird kaum in die Fußstapfen der Fed treten.“

Ökonomen zum BIP-Wachstum und zur Rekord-Inflation im Euro-Raum

Copyright: (c) Copyright Thomson Reuters 2022

Titelfoto: Symbolfoto

Wichtige Entwicklungen zur Ukraine.

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