Samstag, April 20, 2024
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Ökonomen mit Lob und Kritik am neuen Entlastungspaket

Berlin, 04. Sep – Das neue Entlastungspaket der Bundesregierung gegen die wirtschaftlichen Folgen des russischen Krieges in der Ukraine stößt bei Top-Ökonomen auf ein geteiltes Echo. „Es ist zu begrüßen, dass sich die direkten Unterstützungsmaßnahmen im Entlastungspaket auf die besonders betroffenen Haushalte konzentrieren – Wohngeldempfänger, Rentner, Studenten“, sagte der Präsident des Zentrums für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), Achim Wambach, am Sonntag der Nachrichtenagentur Reuters. „Eine Förderung für alle aus Steuergeldern wäre nicht zielführend.“

Für Ifo-Präsident Clemens Fuest sind viele der Maßnahmen nicht sehr zielgenau. „Man wollte sich wohl nicht vorwerfen lassen, man hätte jemanden vergessen“, kritisierte der Chef des Münchner Instituts auf Twitter. Auch DIW-Präsident Marcel Fratzscher zufolge enthält das Paket zwar „gute Elemente, ist aber bei wichtigen Fragen unausgegoren, verteilt Gelder zu sehr per Gießkannenprinzip und ignoriert den Klimaschutz“. Die 65 Milliarden Euro an Entlastungen seien zwar eine gute Größe, von der jedoch Besserverdiener den größten Teil erhalten würden. 70 Prozent der zehn Milliarden Euro an Entlastung bei der sogenannten kalten Steuer-Progression komme den oberen 30 Prozent zugute. „Das Aussetzen der Anpassung des CO2-Preises ist ein katastrophales Signal für den Klimaschutz“, sagte der Chef des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW). „Die Bundesregierung muss bei einem Entlastungspaket die langfristige Transformation mitdenken. Dies fehlt völlig im Entlastungspaket.“ Zudem werde die Bundesregierung entgegen aller Versprechen die Schuldenbremse nicht einhalten können. „Ich erwarte, dass die Bundesregierung noch vor Ende des Jahres die Schuldenbremse für 2023 kippen und sich ehrlich machen muss“, sagte Fratzscher.

„KAUFKRAFT WIRD GESTÜTZT“

Das gewerkschaftsnahe Institut für Makroökonomie und Konjunkturforschung (IMK) sieht in den Beschlüssen einen stabilisierenden Faktor. „All diese Maßnahmen stützen die Kaufkraft und dürften damit in den kommenden Monaten helfen, einen drastischen Rückgang der Konsumnachfrage zu vermeiden“, sagte dessen wissenschaftlicher Direktor Sebastian Dullien. „Auch werden mit dem Paket einige Gerechtigkeitslücken in den bisherigen Entlastungspaketen geschlossen.“ Das von der Bundesregierung angekündigte Entlastungsvolumen sei im Prinzip ökonomisch angemessen. Die deutsche Volkswirtschaft werde 2023 absehbar von einem Schock durch gestiegene Importpreise für fossile Energieträger von etwas mehr als 200 Milliarden Euro getroffen. Der nun beschlossene Nachfrageimpuls von 65 Milliarden Euro „könnte im Prinzip ein Drittel dieses Schocks abfedern und damit eine nun drohende Rezession zumindest deutlich mildern oder möglicherweise auch verhindern“, sagte Dullien. Sollten etwa in größerem Maß auch Unternehmenskredite in diese Summe eingerechnet sein, so wäre der direkte Nachfrageeffekt des Pakets allerdings geringer.

Dullien spricht sich dafür aus, bei der zentralen Frage der Begrenzung der Belastungen von Haushalten mit Gasheizung vor erdrückenden Heizkosten schnell klare Schritte umzusetzen – wie etwa ein Gaspreisdeckel für einen Grundverbrauch. „Bisher hat die Regierung hier noch keinen konkreten Plan vorgelegt, wie mit der drohenden Überlastung vieler Haushalte mit Gasheizung umgegangen werden soll“, sagte der IMK-Direktor.

Nach den Worten von Wambach solle das Einsparen von Gas und Strom Priorität haben. „Die Maßnahmen zur Reduktion der Strom- und Gaspreise sollten daher nur zurückhaltend eingesetzt werden“, sagte der ZEW-Präsident. Im Extremfall könnten solche Maßnahmen lediglich zu einem weiteren Anstieg der Preise führen. Dass Haushalten sowie kleinen und mittelständischen Unternehmen für den Stromverbrauch eine Basismenge zu vergünstigtem Preis gutgeschrieben werden und darüber hinaus verbrauchte Mengen zum aktuellen Strompreis in Rechnung gestellt werden, findet Wambach gut: „Damit bleiben Anreize zum Stromsparen erhalten“. Ein ähnliches Modell biete sich auch für den Gasverbrauch an.

Ökonomen mit Lob und Kritik am neuen Entlastungspaket

Quelle: Reuters

Titelfoto: Symbolfoto

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