Paris, 12. Jun (Reuters) – Bei der ersten Runde der Parlamentswahlen in Frankreich zeichnet sich eine sehr niedrige Wahlbeteiligung ab. Ob der frisch wiedergewählte Präsident Emmanuel Macron auch eine Mehrheit im Parlament bekommt, gilt als unsicher. Gelingt ihm das nicht, wird es deutlich schwieriger, die geplanten Reformen durchzusetzen.
Die Wahlbeteiligung lag am Sonntagmittag nach Angaben des Innenministeriums bei lediglich 18,4 Prozent – der niedrigste Wert seit mindestens 20 Jahren bei der ersten Runde der Parlamentswahlen. Beim letzten Mal waren es zu dieser Zeit 19,2 Prozent. Ein Regierungsvertreter, der nicht namentlich genannt werden wollte, sagte Reuters, die erste Runde werde schwierig. „Die Wähler wollen ein Signal senden.“ Die Regierung setze auf die zweite Runde eine Woche später.
In einer am vergangenen Dienstag veröffentlichten Umfrage des Ifop-Instituts können Macrons Renaissance-Partei und seine Verbündeten mit 250 bis 290 Sitzen im Parlament rechnen. Die absolute Mehrheit liegt bei 289 Mandaten. Besser schnitt das Präsidenten-Lager in einer Erhebung von Harris Interactive und Toluna im Auftrag des Magazins Challenges ab. Hier kam die Prognose auf 285 bis 335 Sitze.
Bei der ersten Wahlrunde ziehen diejenigen Kandidaten ins Parlament ein, die auf Anhieb mehr als 50 Prozent der Stimmen in ihrem Wahlkreis erhalten haben. Wo das nicht der Fall ist, müssen sich alle Kandidaten, die mehr als 12,5 Prozent der Stimmen bekommen haben, eine Woche später einem zweiten Wahlgang stellen.
Sollte Macrons Bündnis Ensemble (Zusammen) die Mehrheit verfehlen, wäre dies ein schwerer Rückschlag für den Präsidenten. Er müsste eine größere Allianz bilden, die seinen Handlungsspielraum einschränken würde. Ein Minderheitskabinett oder eine Koalitionsregierung gelten als unwahrscheinlich.
Macron war zuletzt kaum in der Öffentlichkeit aufgetreten, hatte sich vor allem auf die Bildung einer neuen Regierung konzentriert. Jean-Luc Melenchon, der das Linksbündnis aus Sozialisten und Grünen anführt, profitiert derweil von der Verunsicherung vieler Bürger wegen der hohen Lebenshaltungskosten. Macron will unter anderem eine Rentenreform beschließen, um die Staatsfinanzen wieder in Ordnung zu bringen. Dagegen wollen linksgerichtete Parteien das Renteneintrittsalter senken und setzen sich für zusätzliche Ausgaben ein.
Macron hofft auf Parlamentsmehrheit – Niedrige Wahlbeteiligung bei erster Runde
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