Berlin, 09. Aug (Reuters) – Bundesfinanzminister Christian Lindner will Insidern zufolge das Steuersystem an die Inflation anpassen und zur Entlastung von Familien zudem das Kindergeld anheben. Wie am Dienstag aus dem Umfeld des Ministeriums verlautete, werden dadurch im Jahr 2023 Steuermindereinnahmen von 10,12 Milliarden Euro prognostiziert. Die größten Teile entfallen dabei auf Bund und Länder, ein kleinerer Teil auf die Gemeinden. 2024 werden die Mindereinnahmen auf 17,5 Milliarden Euro geschätzt – in den Jahren danach noch etwas mehr.
FDP-Chef Lindner will die sogenannte Kalte Progression bekämpfen. Diese entsteht, wenn das Steuersystem nicht an die Inflation angepasst wird, die momentan in Deutschland so hoch ist wie seit Jahrzehnten nicht mehr. Steuerzahler können dann etwa bei Lohnerhöhungen in eine höhere Steuerklasse rutschen und deshalb netto weniger Geld zur Verfügung haben als vorher.
Lindner hat für Mittwochvormittag zu einem Presse-Statement zu den Eckpunkten eines Inflationsausgleichsgesetzes eingeladen. Regierungs- und Koalitionskreisen zufolge ist das Reuters vorliegende Papier bislang nicht innerhalb der Ampel mit SPD und Grünen abgestimmt. Ob die Pläne so am Ende durchgehen, ist entsprechend offen. Lindner hatte zuletzt gesagt, Millionen Menschen bräuchten einen spürbaren und dauerhaften Inflationsausgleich. SPD und Grüne wollen dagegen einkommensschwache Bevölkerungsschichten gezielter entlasten. Sie kritisieren, dass von Maßnahmen gegen die Kalte Progression Top-Verdiener am stärksten profitieren würden.
Konkret soll den Plänen des Finanzministeriums zufolge der steuerliche Grundfreibetrag von derzeit 10.347 Euro auf 10.632 Euro im nächsten Jahr und auf 10.932 Euro im übernächsten Jahr steigen. Der Spitzensteuersatz, der gegenwärtig bei einem zu versteuernden Jahreseinkommen von 58.597 Euro einsetzt, soll 2023 erst bei einer Größenordnung von 61.972 Euro greifen, ein Jahr später ab 63.515 Euro. Lindner wurde zuletzt immer wieder vorgeworfen, zu stark Politik für Gutverdiener zu machen. Der Spitzensteuersatz liegt bei 42 Prozent, bei besonders hohen Einkommen wird aber ein Zuschlag erhoben, so dass dann insgesamt 45 Prozent abgeschöpft werden. Dieser Satz – die sogenannte Reichensteuer – gilt derzeit ab einem Einkommen von 277.826 Euro. Dieser Wert soll 2023 und 2024 nicht verändert werden.
Das Kindergeld für die beiden ersten Kinder soll den Angaben zufolge 2023 um acht Euro auf dann 227 Euro zulegen. Für das dritte Kind sollen Eltern zwei Euro mehr bekommen, dann ebenfalls 227 Euro. Ab dem vierten Kind bleibt es bei 250 Euro monatlich. 2024 würde das Kindergeld für die ersten drei Kinder noch einmal um sechs Euro steigen. Es würde dann einheitlich bei 233 Euro liegen. Die Regelung für weitere Kinder bleibt unverändert.
SOZIALVERBAND FORDERT STÄRKERE KINDERGELDERHÖHUNG
Der Paritätische Wohlfahrtsverband kritisierte die Kindergeldpläne als zu mickrig: „Wer Familien wirklich entlasten will, kann nicht mit Kleckerbeträgen hantieren.“ Eine Anhebung um mindestens zehn Prozent, also um 22 Euro, wäre angebracht. Die Steuerpläne würden vor allem höheren Einkommensgruppen nutzen, weswegen hier falsche Prioritäten gesetzt würden. Die ohnehin eklatante Ungleichheit in Deutschland könne so noch größer werden.
Aus dem Eckpunkte-Papier geht hervor, dass das Finanzministerium damit rechnet, dass die für Herbst erwarteten Berichte zum Existenzminimum und zur Steuerprogression die jetzigen Pläne erforderlich machen. Die Anpassungen könnten dafür sorgen, dass Lohnsteigerungen auch tatsächlich in der Geldbörse der Bürger ankommen.
Lindner strebt 2023 Entlastungsvolumen von zehn Milliarden Euro an
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