Nusa Dua/Frankfurt/Singapur, 14. Nov (Reuters) – Nach dem Kollaps der Kryptowährungsbörse FTX werden auch innerhalb der Branche die Rufe nach einer strengeren Regulierung lauter. „Wir sind in einem neuen Geschäftsfeld“, sagte Changpeng Zhao, Chef des Weltmarktführers Binance am Montag im Rahmen des Gipfel der Staats- und Regierungschefs der 20 größten Industriestaaten und Schwellenländer (G20). „Wir haben in der vergangenen Woche gesehen, wie verrückt die Dinge geworden sind. Wir brauchen Regulierung, wir müssen das richtig machen, wir müssen das auf solide Beine stellen.“
Er sehe aber auch seine Branche in der Pflicht, Verbraucher zu schützen. „Regulierer spielen eine Rolle, aber es ist nicht zu 100 Prozent ihre Verantwortung“, fügte Changpeng hinzu. Die FTX-Affäre sei der ideale Zeitpunkt für die Behörden, die Zügel straffer zu ziehen, kommentierte Naeem Aslam, Chef-Marktanalyst des Brokerhauses AvaTrade. „Wir können uns die unterschiedlichen Maßstäbe für Kryptowährungsbörsen nicht mehr leisten.“ Anders als der klassische Aktien- oder Rohstoff-Handel steckt die Regulierung dieser Plattformen noch in den Kinderschuhen.
FTX IST PLEITE – SPEKULATIONEN UM RIVALEN CRYPTO.COM
Am Freitag hatte FTX, nach Handelsvolumen bis dahin weltweit die Nummer fünf der Kryptowährungsbörsen, Insolvenz angemeldet. Insidern zufolge soll mindestens eine Milliarde Dollar an Kundengeldern verschwunden sein. Der zurückgetretene Firmenchef Sam Bankman-Fried habe heimlich zehn Milliarden Dollar an Kundengeldern von FTX zu seinem eigenen Handelsunternehmen Alameda transferiert. Bankman-Fried widersprach, es habe sich nicht um eine heimliche Transaktion gehandelt. Es habe jedoch Missverständnisse bei der Verbuchung gegeben, erklärte er in einer Textnachricht an die Nachrichtenagentur Reuters. „Es stellt sich heraus, dass ein Spiel mit unregulierten Schneeball-Systemen doch keine so gute Idee ist“, kommentierte Neil Wilson, Chef-Analyst des Online-Brokers Markets.com.
Vor diesem Hintergrund geraten andere Handelsplattformen ins Trudeln. Am Wochenende hatte eine 400 Millionen Dollar schwere Überweisung der Kryptowährung EthereumETH= von der Börse Crypto.com zu Gate.io Spekulationen über Unregelmäßigkeiten bei Ersterer geschürt. Crypto.com-Chef Kris Marszalek zufolge liegt die Transaktion mehr als drei Wochen zurück und stehe in keinem Zusammenhang mit der FTX-Affäre. Außerdem sei das Geld inzwischen zurücktransferiert worden.
Marszalek betonte außerdem, dass sein Unternehmen über eine starke Bilanz verfüge und kündigte für die kommenden Wochen eine geprüfte Aufstellung der Finanzreserven an. Bei kollabierten Rivalen FTX stünden weniger als zehn Millionen Dollar seines Unternehmens im Feuer. Crypto.com rangiert bei den umsatzstärksten Kryptobörsen auf Platz sieben.
FLUCHT AUS KRYPTOWÄHRUNGEN BEFÜRCHTET
Analyst Timo Emden von Emden Research warnte wegen des allgemeinen Vertrauensverlustes dennoch vor einem möglichen massenhaften Abzug von Geldern bei Kryptobörsen. „Ein derartiges Ereignis könnte eine sich selbstverstärkende Dynamik auslösen und zu weitreichenden Kursverlusten führen.“
Im Sog der FTX-Turbulenzen haben die beiden führenden Cyber-Devisen BitcoinBTC= und Ethereum in den vergangenen Tagen bereits jeweils rund 20 Prozent verloren. Mit 15.566 Dollar war Erstere zeitweise so billig wie zuletzt vor zwei Jahren und kostete zuletzt etwa 16.740 Dollar.
Kryptobörse Binance will mehr Regulierung – Bangen um Crypto.com
Quelle: Reuters
Titelfoto: Bild von Pete Linforth auf Pixabay
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