Freitag, März 29, 2024
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Kritik an „Not-Übernahme“ der CS – „Monster statt Zombie“

Zürich, 20. Mrz – Die milliardenschwere Rettungsaktion für die Schweizer Großbank Credit Suisse (CS) stößt im Land auf massive Kritik und an den Finanzmärkten auf Skepsis. Der größere Rivale UBS lässt sich auf Druck von Notenbanken, Regulierungsbehörden und der Schweizer Regierung auf eine drei Milliarden Franken schwere Not-Übernahme der schwer angeschlagenen Credit Suisse ein und schafft damit einen globalen Bankenriesen. Damit soll eine neue Finanzkrise im Keim erstickt werden.

Die Schweiz fürchtet aber um ihre jahrzehntelange Reputation als Finanzplatz. „Ein Zombie ist weg, doch ein Monster entsteht“, titelte die „Neue Zürcher Zeitung“ (NZZ) am Montag. „Was geschehen ist, ist schrecklich für die Glaubwürdigkeit der Schweiz“, sagte Roger Nordmann, der Fraktionsführer der Sozialdemokraten (SP) im Parlament in Bern. Die Aufsichtsbehörden hätten versagt.

Die Ethos Stiftung, die die Interessen von Pensionskassen in der Schweiz vertritt, sprach von einem „beispiellosen Scheitern in der Geschichte des Schweizer Finanzplatzes“. Dass künftig eine einzige Großbank den Markt beherrsche, berge Risiken für die Kunden der Institute. Im Extremfall stehen der Staat und die Schweizerische Nationalbank (SNB) mit 259 Milliarden Franken in Form von Liquiditätshilfen und Ausfallgarantien für die beiden Banken ein, das ist ein Drittel des Bruttoinlandsprodukts (BIP) der Schweiz. Die liberale FDP bewertete die Entwicklung der CS als „Schande für die Schweiz“.

UBS-CHEF: „WIR HABEN EINE ANDERE RISIKOKULTUR“

UBS-Chef Ralph Hamers betonte in einem Interview mit dem Schweizer Fernsehsender SRF die positiven Seiten der Übernahme, zu der die SNB, die Regierung und die Finanzmarktaufsicht Finma die Bank über das Wochenende gedrängt hatte: Es sei „eine Lösung, die Sicherheit bringt und auch Stabilität“, sagte der Niederländer. „Wir haben eine andere Risikokultur als die Credit Suisse, daher sehen wir auch Chancen, um die Risiken künftig einzudämmen.“ Die UBS will nun vor allem die riskanten Teile des Investmentbankings der CS abwickeln. Einem Insider zufolge könnten bis zu 10.000 der 50.000 Stellen bei der CS gestrichen werden.

Management-Fehler und eine aggressive Strategie im Ausland hatten die Großbank in Schieflage gebracht, die Kunden zogen dreistellige Milliardensummen ab. Laut „Financial Times“ flossen zuletzt täglich zehn Milliarden Franken ab. Die Finma erklärte, es habe das Risiko einer Insolvenz bestanden. Die Stabilität des Finanzsystems sei nun wichtiger als die Aufrechterhaltung des Wettbewerbs zwischen den größten Banken des Landes.

Die Credit Suisse gehört – wie die UBS – zu den 30 systemrelevanten Banken, die als zu groß gelten, als dass sie ohne Folgen für das ganze Finanzsystem umkippen dürften. UBS-Verwaltungsratschef Colm Kelleher sprach offen von einer „Notrettung“. „Es ist ein historischer Tag und ein Tag, von dem wir gehofft hatten, dass er nicht kommen würde.“ 

An den Börsen ließ die Verunsicherung am Montag nur langsam nach. Vor allem in den USA, wo die Schieflage der Silicon Valley Bank das weltweite Beben in der Branche ausgelöst hatte, wurde die Rettungsaktion wohlwollend bewertet. Die UBS-Aktie, die bis 16 Prozent verloren hatte, drehte am Nachmittag ins Plus.

Credit-Suisse-Aktien brachen um 54 Prozent auf 84,5 Rappen ein, obwohl die Aktionäre für jedes ihrer Papiere nur UBS-Aktien im Wert von 76 Rappen erhalten. Allein der im vergangenen Jahr mit 1,4 Milliarden Dollar eingestiegene Großaktionär, die Saudi National Bank, büßt damit 80 Prozent seines Einsatzes ein. Die Investoren in eigenkapitalähnliche AT1-Anleihen („CoCo-Bonds“) der Bank verlieren sogar alles. Aktien von Deutscher Bank und Commerzbank stabilisierten sich.

SCHOLZ: DEUTSCHES BANKENSYSTEM IST STABIL

Internationale Bankenaufseher und Politiker beeilten sich, die Märkte zu beruhigen. „Die Situation ist nicht vergleichbar mit den Jahren 2008/2009“, sagte ein Regierungssprecher. Bundeskanzler Olaf Scholz begrüße das Vorgehen der Behörden in der Schweiz. „Das deutsche Bankensystem ist insgesamt stabil. Es liegen keine Erkenntnisse über systemische Probleme im deutschen Finanzwesen vor“, ergänzte eine Sprecherin des Finanzministeriums. Die Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB), Christine Lagarde, bekräftigte: „Der Bankensektor des Euro-Raums ist widerstandsfähig und besitzt eine starke Kapital- und Liquiditätsausstattung.“

Die neue UBS kommt auf ein verwaltetes Vermögen von 3,4 Billionen Dollar und rund 120.000 Beschäftigte. Laut Analysten von Citi wird die UBS damit der zweitgrößte Verwalter privater Vermögen der Welt nach Morgan Stanley. Die Bilanzsumme der fusionierten Bank von 1,7 Billionen Dollar sei mehr als doppelt so groß wie das BIP der Schweiz. 

„Wir bezweifeln, dass das die Lösung ist, die die Schweizer Regierung wollte“, hieß es in der Studie. Das gleiche gelte für die Verbraucher in der Schweiz: Eine einzige Bank vereinige ein Viertel des Hypothekenmarktes auf sich. „Das war die einzige mögliche Lösung“, sagte Finanzministerin Karin Keller-Sutter. Eine Verstaatlichung wäre keine Alternative gewesen. Die Ethos Stiftung forderte die UBS auf, das Schweiz-Geschäft der CS an die Börse zu bringen, sobald sich die Lage stabilisiert habe.

Die Fusion schaffe neue Probleme, kritisierte Finanzwende, ein vom ehemaligen Grünen-Politiker Gerhard Schick ins Leben gerufener Interessenverband. „Mit dieser Fusion zweier Banken, die schon zuvor systemrelevant waren, erhalten wir einen noch größeren Akteur, der erst recht nicht Pleite gehen darf“, sagte Schick. Nötig seien jetzt viel höhere Kapitalpuffer bei Banken und eine Trennung von Geschäftsbanken und Investmentbanking. Ein hochrangiger Bankmanager sagte, ein „Bank Run“ lasse sich auch mit noch so großen Puffern nicht verhindern.

Kritik an „Not-Übernahme“ der CS – „Monster statt Zombie“

Quelle: Reuters

Symbolfoto: Bild von StockSnap auf Pixabay

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